GLOSS-O-TEX

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GLOSS-O-TEX

ERSTER TERMIN

IM FAST NEUEN AMTSGERICHT


06. April 2025


Ich hatte keinen Samt erwartet,

Kein Rot und kein Kostüm.

Ich wollte nur den letzten Willen einreichen,

Den meinen.

Und wurde zur Begrüßung gut durchsucht.

(Wahrscheinlich eine Vorsichtsmaßnahme)


Der Warteplatz vor'm Damenzimmer

War vor der Tür zum Kaffeeraum.

Und so konnte ich bestimmt zehn Mitarbeiterinnen

(Männlich sah nur der Aktenbote aus, in Uniform)

Kommen, Kaffee holen

Und auch wieder gehen sehen...


Was mir auffiel?

Fast alle trugen Jeans und Turnschuhe.

Und ich habe mich gefragt:

Ist das ein großes Schülerpraktikum?

Wahrscheinlich nicht.

Wahrscheinlich ist es längst schon Konsens,

Daß sich die Seriosität

Nicht mehr am Kleiderstoff der Trägerinnen

Zweifelsfrei erkennen lässt.

Vielleicht ist auch ihr jurisprudenzives Stoffniveau so hoch,

Daß es der Visualisierung nicht bedurfte.


Oder,

Das kam mir schließlich in den Sinn:

Die TURNSCHUHE sind TARNSCHUHE

Prokrastinativer Eleganz...







ERDTÖNE ALL OVER


16. März 2025


In dieser Woche wurde ich

Durch Norddeutschland gefahren.

Mit langem Zug, und schnell.

Von Klein-Paris nach Hamburg,

Nachts beginnend.


Was mir auffiel,

In den Stunden mit  ehr off'nen Augen,

War die Farbe der Umgebung.

Schwarze Nacht, zuerst.

Dann grauer Nebel.


Und dann die coloresque Quersumme

An Landschaftsfarben, lange:

Braungrüngrauschwarzocker.

Wenig von verschmutzten Häusern, Hallen

Oder Schrebergärtenhütten

Unterbrochen.

Schwarze Tümpel

Nah am Gleisbett.

Ab und zu ein Pony mit farbiger Decke

Auf dem hellen Fell.

Schnell verschwunden.

Eigentlich ein Fall für milde Depression,

Dachte ich nach ein paar Stunden.


Doch später fiel mir ein:

Zwischen solchen Frühlingsfarben

Haben wir als Kinder viel gespielt:

Rinnsale gestaut,

Frösche und Molche gesucht

Und Feuer gemacht.

Und uns keine Gedanken gemacht,

Daß die französischen der Farben fehlten.

Die wurden alle nachgereicht.

Und daß das bis heute reicht,

Merke ich zuhause.

(Dominanter Wandton Cyan)

Und der ist deutlich heller als die Erde

Und Kompost...


BOSTON-TIEGEL-PARTIE


März 2024


Es war ein gutes Angebot. Ein sehr gutes:

Ein Boston-Tiegel, gut erhalten, für fünfhundert Euro.

Den hatte ein älterer Kunstkollege abzugeben.

Aber in Klein-Ostheim.

Immerhin ein Ort mit Gleisanschluss.

Denn ich konnte mangels Auto

Das gute Stück nicht ganz bequem abholen...

Aber mit der Sackkarre, habe ich gedacht.

Und fuhr mit Intercity und der Hessenbahn nach Süden.

Freundlich empfangen vom erfahrenen Kollegen

Am ersten Gleis und in der Druckwerkstatt

Mit Kaffee, Kuchen und interessanten Druckgeschichten.


Nach der Bezahlung

Kam die erste Hürde:

Der garnicht große Tiegel wog sicher über hundert Kilo.

Wir zwei Künstler konnten ihn nicht von dem Sockel

Auf die Sackkarre versetzen.

Aber die etwas  jüngere und wohl geübte

Frau des Druckers half uns gerne.

Auch anschließend beim Schieben Richtung Bahnhof.

Dort jedoch, nach einem Kilometer Rollens,

Versagten uns am Fuss der Bahnsteigtreppe uns're Kräfte.

Doch plötzlich kamen junge Mädchen,

Gut bekannt mit Künstler's Frau,

vorbei und halfen uns wie selbstverständlich.


Dann, in der Hessenbahn,

schien mir das eine Karrenrad zu weich zu sein

Und deshalb gab ich ihm noch ein paar Stöße Gas.

Worauf es laut und Felge brechend, barst.

Nachdem sich auch die beiden Zugbegleiter

Vom Schreck nach diesem Knall erholt hatten,

Erreichten wir bald Frankfurt;

Und auch diese beiden halfen tatkräftig, das

Nun defekte Reisegut

Auf dem Bahnsteig abzustellen.


Wie auch die nächsten,

Freundlichen, ganz Unbekannten,

die es mit mir in den Zug nach Düsseldorf bugsierten.

Einige wollten wissen, was das sei

Und ich habe es gerne erklärt.

In Düsseldorf irgendwann angekommen,

Brauchte ich nicht lang zu fragen:

Starke Männer, wiederum

Halfen mir auch dort.


Aber das eine Rad blieb platt.

Ich musste schnell zum Bauhaus gehen,

Ein Ersatzrad kaufen

Und

-Wieder am Bahnsteig-

Anmontieren.

Und mit der nun wieder beweglichen Sackkarre

mit der Straßenbahn nach Flingern fahren.

Der einzige, der "Nein" zur Anfrage gesagt hat,

Kurz zu helfen, hatte wohl ein Rückenleiden.

Eine Station weiter, mit erhöhtem Bordstein,

Ging das Ausladen dann auch allein.


Dann nur noch auch die letzten Meter

Bis zur Ackerstrasse,

Wo der Boston Tiegel erstmal übernachten konnte.


Oft habe ich mich über die Stimmung in der Gesellschaft geärgert.

Die medial vermittelte.

Diese Erfahrung war ganz anders.

Eine gute. Eine sehr gute.


EIN ÄLTERER, LEICHT BETROFFENER HERR


02.02. 2025


SONNTAGSFRAGE!

Wie soll ich die beantworten?

Nur für mich, denn eigentlich:

Man fragt mich nicht.

Vielleicht kann ein Spaziergang helfen,

Zu den Wahlplakaten, groß und klein?


Am Brückenkopf

Treffe ich auf das größte der Plakate:

"MEHR FÜR DICH, BESSER FÜR DEUTSCHLAND"

Und freue mich spontan,

Daß jemand  offenbar mein Wohl im Munde führt,

Und das des Landes obendrein.

Und was das "MEHR" dann ist,

Warte ich geduldig ab.


Nicht weit entfernt

Und etwas kleiner lese ich:

"FÜR EIN LAND, AUF DAS WIR WIEDER STOLZ SEIN KÖNNEN"

Meinetwegen gerne, denn

Das "WIEDER" suggeriert eine bessere Zeit zuvor.

Ob der Artdirektor aber

Auch dieselbe Zeit im Sinn hat, die mir in den Sinn käme?

Schwer zu sagen.


Ein leicht lustiges Plakat hängt hoch

An leicht gekrümmter Stadtlaterne:

"VATER STAAT IST NICHT DEIN ERZIEHUNGSBERECHTIGTER"

Da möchte man doch sofort zustimmen.

Andernorts kritisiert man überbordende

Bürokratie.

Auch dagegen lässt sich kaum etwas sinnvolles sagen.


Zwei große Plakate

Mit Großfotos junger Sympathen

Versuchen sich ganz offenbar

Im Understatement:

"ZUSAMMEN." und "ZUVERSICHT."

Was für eine gekonnte Verdichtung.

Und dann noch mit Punkt.


Ein weiteres Plakat,

Mit deutlichen Beliebtheitsspuren,

Spricht von "ZEIT FÜR DEUTSCHLAND".

Nicht annähernd so eloquent

Wie die Dargestellte im Portrait darüber.


Am Ende meines Rundgangs

Treffe ich noch auf ein Wunschplakat:

"UNSER LAND WÜNSCHT SICH FRIEDEN"

Das wird vermutlich stimmen.

Aber ein Wunschzettel ist der Stimmzettel

Ja leider auch nicht;

Sonst würden wohl kaum noch Waffen aus Deutschland

In die kalte Kornkammer geliefert...

Doch die Galionsfigur darüber

Bleibt die eleganteste Erscheinung

Dieser Wochen.


Was sollen wir, was dürfen wir also

Als Bürger denn noch hoffen?

"DER VORHANG FÄLLT

-UND ALLE FRAGEN OFFEN!"



OLDTIMERSAMMLUNG

26.01. 2025


Als ordentlicher, selbstbewusster Boomer,

Habe ich natürlich auch schon eine Sammlung

Echter Oldtimer;

In etwa vierzig Jahren aufgebaut

Und mittelmäßig gut verstaut...

Es sind wohl überwiegend

Dreizylinder-Zweitakter,

Zwei Grease-Gleiter

Und ein PVC-Didgeridu.


Der Älteste

Ein Getzen Capri Cabrio in "C",

Versilbert, und noch aus dem Studium der Kunst.

Mit hellem Ton und blitzschneller Mechanik.


Danach, vom Alter her,

Auch noch ein Getzen, Gleiter,

"300er" Serie, von meiner Muse spendiert.


Und auch der drittälteste

Forttönende Oldtimer

Ist ein Gleiter, aber der hybrid:

Auspuff von REYNOLDS,

Bei NO-NAME Zug.


Sowie, vom Zufall zugespült

Der Dreizylinder-Zweitakter SALVATION-ARMY,

Mit reichlich TLC-Bedarf,

Aber ganz gutem Sound.


Und auch ein FILMFAHRZEUG

Fehlt nicht in meiner Sammlung:

Der Eintakter DIDGERI-DU,

Aus dem gleichnamigen You-Tube-Clip

Von HARM-O-TEX


Und dann: Eine Riesenschnecke von AMATI,

Vierzehn Kilo Blech um die drei Zylinder

Und noch aus dem Ostblock.


Und auch, der nachlassenden Kraft geschuldet:

IMPERIAL MODEL  in Es, von Boosey&Co, versilbert,

Mit äußerst ergonomischer Mechanik.


Und schließlich,

Der biographisch jüngste,

Aber historisch älteste der Oldtimer:

Der Es-Schneck von BARCONE;

Mit reichlich alter Karosserie,

Aber enorm lyrisch-dynamischem Auspuff...


Es gibt sie wirklich, Ähnlichkeiten

Zwischen Harley-Davidson

Und meinen Oldies;

Knattern


Ist nur ein Aspekt.

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MÄNNLICHKEIT 2.0

19.01. 2025


Als Post-Pilzkopf-Teenager der Siebziger

Habe ich damals schon bemerkt, wie ungehalten

Etliche der Älteren und reifen Männer

Unsere längeren Haare bewerteten.

"Ungepflegt", "asozial", "hässlich"

Waren nur einige  der Labels für den Haarwuchs unter Jungen.


Damals habe ich das kaum verstanden;

Am wenigsten die Vehemenz des Vortrags.

Wir waren doch wir, modern,

Und erhoben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit

Unserer Erscheinungen halsaufwärts....


Heute denke ich:

Was diese damals ganz Erwachsenen,

Vor allem alte Männer,

So ungemein  und heftig störte,

War, daß sie das als immanente,

 Gesellschaftliche Provokation empfanden,

Was tendenziell oft eine individualisierte,

Ganz private Mode war.

Und dazu aber als Statement

Junger Hirsche auf der Lichtung:

"SO GEHT MÄNNLICHKEIT"


Angesichts der Skinheads, Hippies,

Zopf- und Knotenträger,

Dread-Lock-People,

Patriarchenbärtigen

Und Färbungen jeder denkbaren Nuance,


Kommt mir auch der alte Vorbehalt

Wieder in's Gedächtnis.

Und ich frage mich geradeso.

Um das gleich darauf auch wieder zu verwerfen.

Denn es führt zu nichts.



WARUM ICH GERNE TUBA ÜBE


10.09. 2023


Eine verzichtbare Frage, wahrscheinlich.

Für die meisten.

Vielleicht auch für mich,

Wenn ich vernünftig wäre;

Denn keine Combo wartet irgendwo,

Kein Kunstverein

Und keine Lesung dunkler Dinge.

Auch ist es nicht das große Blech,

Die Erzvase aus Messing, die mich reizt.

Noch der Geruch nach feuchtem Messing und

Mild parfümiertem Pflegeöl.

Und auch nicht die sonore Nähe meiner "Kleinen"

Zu der großen Harley oder ihren Schwestern.


Es ist der Sound.

Der Klang ansich,

Der für mich viel vereint:

Cat-Walk und Lindi-Hop beim Walking-Bass.

Tragische Tiefen bei Balladen.

Aufschwünge gegen Widerstände in den Höhen.

Und auch

-Immer Kernton-

Das Verhängnis.

Schwingen nicht seit der Antike

Immer Jericho und Jüngstes mit, Gericht?


Vielleicht ist das zuviel Gewicht.

Zuviel Aufladung, Behauptung, Zuspruch.

Für mich aber sind diese Töne

Flügelschläge eines Uhus,

Der gut sieht bei Nacht.

Und gerne Beute macht.

Doch nicht nur Mäuse.


PESSOPTIMISMUS


04.08. 2023


Die Erde ist kein guter Ort mehr, denkst Du?

Angesichts der opulenten Krisen, Kriege, Katastrophen?

Und dem heraufdämmernden Mangel

An voraussichtlich allen Ressourcen?


Erinner' Dich:

Im Barock gab es schon dreißig Jahre Krieg.

Im zwanzigsten Jahrhundert Weltkriege.

Dazwischen fast vergessene Gemetzel

An Chinesen, Armeniern und Juden;

Koreanern, Vietnamesen, Tutsis,

Bosnischen Muslimen...


Und Dürren, Fluten, Waldbrände

Auf allen Kontinenten.

Und trotzdem zeugten Menschen Kinder.

Glaubst Du denn, sie trauten minder

Ihrer Zukunft, ganz persönlich?


Ganz versöhnlich und ganz tröstlich

Klingt da LOUIS ARMSTRONG's

"HELLO BROTHER"

So


Look at the world

As living's lover.



DIE  SCHWEIZER?

06.07. 2023


In der SCHWEGLER-Klasse der Kunstakademie Düsseldorf

War vor vielen Jahren jemand Tutor,

Der ein SCHWEIZER war.

Ein Maler mit erklärtem Hang zum Reden,

Deuten und Erläutern seiner Bilder.

(Wofür er später eine Professur bekam)

Angesichts der oft introvertierten oder extrovertierten Kollegen

Eine gleichzeitig konservative, wie auch bizarre,

Je nach Perspektive, auch avantgardistische Erscheinung.

Ein aufgehender Malerstern mit Extraschwung von Gabriele Henkel.

Seine verbalen Ausführungen färbten Jahre die Kolloquien.

Und prägten meine Vorurteile gegenüber Eidgenossen.

Damals, Anfang zwanzig,

Fiel mir die Einordnung der Einlassungen schwer.

Doch heute, das WDR-5-Gespräch von Jürgen Wiebicke mit Peter Bieri noch im Ohr,

Wird es mir klar, was ich nicht mochte und nicht mag:

Die via Langsamkeit, Sprachmelodie und Heimatbezug vermittelte

Nachdenklichkeit, die keinen Widerspruch erlaubt.

Und offenbar auch bar ist jeden Selbstzweifels...


"EINEN  RAUSHAUEN"

01.07. 2023


Das Lamento über progressive Erosion

Des Sprachgebirges Deutscher Zunge

Ist alt, bekannt, und in den Reservaten

Der Kulturkritik ein gern gesung'ner Evergreen.

Trotzdem möchte ich eine Formulierung ins Visier nehmen,

Die mir beispielhaft zu sein scheint.

Beispielhaft für Vieler

Umgang mit dem Deutschen:

"EINEN RAUSHAUEN"

Meistens einen Satz, meistens verbal, und immer vorsätzlich.

Den Menschen, denen attestiert wird, sie hätten

"EINEN RAUSGEHAUEN", wird, ungeachtet der Bewertung,

zumindest Schwung und Entschlossenheit im Ausdruck unterstellt,

Und damit gleichzeitig Modernität, Spontaneität, gerne auch mit Emotionen.

Ist das nicht Lebensfreude pur?

Ist das nicht gutes Gärtnern im ohnehin

Arg vermüllten Germanistik-Stadtwald?

Die "Hauerinnen" oder "Hauer" tun wirklich etwas mit der Sprache.

Und schweigen nicht vor Streams und Serien...

Ich denke allerdings, daß sie das Falsche tun.

Auch, wenn es der Lebensfreude ähneln mag.

(In Vierteln, wo "Äy, Du Opfer...!" ein Bonmot ist, mag das sein)

Aber, wenn es Gärtnern sein sollte, hieße das

MIT DER KETTENSÄGE.


SOMMERLOCH oder SOMMER-"DOCH"?

30.06.. 2023


Als neulich tief in Thüringen

Ein Afd-Landrat gewählt wurde,

War westlandig der Aufschrei groß:

Das sei ein "Dammbruch", ein "Alarmsignal",

Und Ausdruck vieler Menschen mit der falschen Weltsicht.

Das mag sein.

Aber ich frage mich, warum in MAINSTREAM-MEDIEN im Westen

Zwar durchaus die Problemfelder erkannt wurden,

Die vermutlich zum Ergebnis beigetragen haben,

(Die Migrationspolitik, das Heizungsgesetz,

Die Waffenlieferungen an die Uraine,

Das "Gendern", ...)

Aber niemand die eigene Position dabei in Frage gestellt hat.

Selbstkritik bleibt ausgeschlossen.

In den WDR-Sendern, die ich eigentlich gerne höre,

Vergeht inzwischen kaum ein Tag, ohne daß

Ein Beitrag mit Bezug zur queeren Community gesendet wird.

Hält das irgend jemand für normal?

Meinetwegen kann man über alle Gruppen der Gesellschaft

Gern berichten.

Aber bitte nur dem Anteil der Gesamtbevölkerung entsprechend.

Und nicht so penetrant wie Lidl-Werbung.

Aber trotzdem wird es durchgesetzt.

Die Ablehnung in weiten Teilen der Bevölkerung

Wird weitestgehend ignoriert.

Denn die Entscheider in den Medien und in der Politik

Sind IM BESITZ DER WAHRHEIT.

Und wenn die von den Menschen nicht verstanden wird,

Dann muss man diese Menschen manchmal auch

Zu ihrem Glücke zwingen....

Zu dumm, daß diese Individuen trotzdem DENKEN DÜRFEN,

Haltungen entwickeln, sogar wählen.

Das hatte niemand kommen sehen...

Und so stehen die "URBANEN ELITEN"

Enttäuscht und entsetzt vor den Umfragewerten der Rechten

Wie vor einer brennenden Puppenstube.

Und schließen weiterhin Koalitionen

Kategorisch aus.

Bis daß die Anderen mehr werden als fünfzig Prozent...






"PERSONEN  IM  GLEIS?"

12./16. 06. 2023


Langsam habe ich mich daran gewöhnt,

Daß ab und zu die Zugfahrt

Durch NOTARZTEINSÄTZE verzögert wird;

(In Deutschland viele hundert mal im Jahr)

Dann hält wieder ein Lebensmüder

Seine Müdigkeit nicht aus.


Inzwischen fallen

Mehrmals wöchentlich,

In NRW die Züge aus,

Wegen "PERSONEN  IM  GLEIS".

Was für mich die Frage aufwirft:

Wer sind diese "PERSONEN  IM  GLEIS?"

Ich spekuliere einmal:

ALTE

Werden es kaum sein,

Allein die Schotterböschungen

Sind viel zu unbequem zum Gehen.

KINDERGARTENKINDER?

Unwahrscheinlich.

Sie werden gebracht, betreut und abgeholt.

BERUFSTÄTIGE?

Haben keine Zeit.

So bleiben SCHÜLER.

Die nachmittags ganz häufig

Und am Wochenende immer frei haben.

Und den Extrakick suchen, vielleicht.

Den öden Alltag kompensieren mit der

"RAIL-NATION-CHALLENGE/REAL LIVE"

Und sich endlich einmal wirksam fühlen,

Wenn sie einen ganzen Bahnhof sperren können.

Hunderten den Feierabend abkürzen

Und Einzelplanungen

Im Dutzend torpedieren.

So triumphieren können

Über die verhasste

Mehrheit der Gesellschaft,

Die sie durch Regeln/Zwänge drangsaliert...


Doch das ist alles Konstruktion

Und reine Spekulation...


SELBSTBEWUSSTER  ZUGFÜHRER

06.06. 2023



Der RE4 kam kurz vor knapp

Und wechselte zunächst das Gleis.

Von "5" zu "10", für mich als Fahrradfahrer mit Gepäck

Der erste Frühsport.

Dort stand er dann tatsächlich.

Und wir dachten, daß er dann auch führe.

Doch wiedermal zu früh gefreut.

Die Oberleitung sei defekt in Bilk, so hieß es.

Deshalb müsse dieser Zug die S-Bahngleise nehmen.

Wofür er aber doch zu lang sei.

Und deshalb müssten alle Passagiere

Umsteigen in den Vorderwagen.

(Was garnicht einfach war, weil niemand wusste,

Welcher Wagen denn wie angesehen wurde).

Dann fuhr er an.

Und im Anrollen erklärte nun der Zugführer,

Daß der Zug wegen des Oberleitungsschadens

Umgeleitet werden müsse....

Offenbar behutsam, denn schon bald

War der deutlich zu spät.


Etwa in Neuss meldete er sich dann noch einmal:

Wer diese Widrigkeiten denn mit Kopfschütteln quittieren würde,

Könne ja beim nächsten Mal zu Fuß gehen...


EMOTIONEN

31. 05. 2023


Sind wir nicht alle

Ganz verrückt nach Emotionen?

Man frage Fussballfans.

Vielleicht auch Onlyfans.

Gefühle scheinen fast das Salz zu sein

Im Alltagseintopf...


Von diesem Salze durfte ich

Vorhin ganz unvermittelt kosten:

Heimwärts radelnd überholte mich

Ein schwarzer SUV,

Aus dessen Seitenfenster eine Knabenstimme brüllte:

"Herr XX, Sie Hundesohn!"

Den Rufer habe ich zwar nicht gesehen,

Aber die Gefühle stark gespürt.

Drei Sekunden großes Kino

Eines kleinen Jungen.

Ein Racheruf, wahrscheinlich

Für ein "mangehaft".


Doch ich, im warmen Ostwind radelnd,

War dabei wie der Mond.

Und den stört bekanntlich,

Kein Dackel, der bellt... 


Vortrag: HUNGER




Eine ganz dicke Frau hielt neulich

Einen Vortrag über Hunger.

Tief im Tschad.

Und vorgetragen in der Mensa.

Darf man das befremdlich finden?

Oder muss Befremden enden

Ob der guten Absicht?

Moralischen Abrieb

Gibt es ja noch nicht.


ROCKY 2.0?



Die auf den Schulhof fallenden

Maschinenschnitt'gen Haarlocken der Jungen

Nahmen sehr bald schon an Netzreichweite ab;

Ging der erste Clip noch viral

(Zumindest in der Schulgemeinde)

Wurde die zweite Schur schon deutlich weniger beachtet.


Vielleicht war das der Grund,

Warum ich letztens, mittwochs,

Am Ende meiner Mitttagspause

Einen Nachtisch der handfesten Art

Von Schülern präsentiert bekam:

In wind- und sichtgeschützter Schulhofecke

Standen sich zwei Schüler gegenüber;

Einer mit Boxhandschuhen,

Einer ohne.

Beide angefeuert von bald hundert aufgedrehten Mittelstufenschülern.


Bar jeder Bedenkzeit habe ich

Die Schaukämpfer getrennt,

Zum Ablegen der Boxhandschuhe aufgefordert.

Um gleich darauf ein "BUUHHH"-Geheul zu hören

Vieler dutzend Kehlen.

Was ich mit dem Hinweis gellen lassen habe,

Daß ich beim nächsten Boxkampfvorfall

Eigenhändig "Ein-Eins-Null" als Nummer wählen würde...

Kaum jemand der Kollegen

Hatte von dem Vorfall etwas mitbekommen.

Die einzige Kollegin, die ihn wohl gesehen hatte,

Befand ihn für im Grunde harmlos.


Meine Frage, was passierte,

Wenn es eskalierte, jemand blute

Oder jemand liegen bliebe

Wurde nicht berücksichtigt.

Vielleicht für ganz eventuell bemerkenswert gehalten vom XX-Kurs,

Der die zweite Brandrede zum Thema

Noch im Kunstkurs

Ganz spontan ertragen musste.


Ja, die Dynamik des Geschehens hat mich sehr betroffen;

Aber: Kann ich wirklich hoffen,

Daß es dabei bleibt?

Oder geht da noch etwas?

Wrestling zwischen Richkids?

Fußpflege vielleicht?

Rasuren mit viel Schaum?

Oder Piercings, wo es passt?




EIN  ARBEITSTAG  ALS  KUNSTLEHRER



5.55 Uhr

Ich schnalle den Rimowakoffer auf das alte Klapprad und radele zum Hauptbahnhof.

6.21 Uhr

Der RE4 kommt pünktlich und befördert mich problemlos von Düsseldorf nach Mönchengladbach.

7.10 Uhr

Ich erreiche die Schule und finde den Kunstraum wiedermal unverschlossen vor.

Eigentlich müsste ich jetzt die Vollständigkeit der Werkzeuge checken. Aber Kaffee brauche ich auch.

Erste Stunde:

Trotz des Entfalls meiner XX-Stunde nicht eingesetzt;

kann deshalb den Tafelanschrieb für die XX-Stunde vornehmen.

Zweite Stunde:

Kursgespräch in der XX zum Thema "WAS IST KUNST?"

Drei von vierundzwanzig Schülern melden sich ab und zu.

Der Rest des Kurses redet mit den Sitznachbarn, checkt das Handy,

macht sich Pringles auf oder Sahnepudding.

Dritte Stunde:

Vertretungsstunde in der X; die Klasse soll, weil X-Pad-Klasse,

Filme drehn von Moves, die sie als Liste vom Sportlehrer bekommen haben.

Viel Gezappel, zwei, die sich ausklinkten.

Vierte Stunde:

Vorbereitung des Radierungsdrucks der 8./9. Stunde.

Zweite große Pause:

Aufsichtvertretung Sportgelände.

Den Kaffee schon vorher gekocht.

Fünfte/sechste Stunde:

Beginn der Gestaltungsarbeit FROTTAGEDRACHE.

Keine Störungen,

Nicht einmal von A. oder T.

Korrekturen und Empfehlungen aber

wie Rezepte beim Arzt am Montagmorgen.

Siebte Stunde:

Mittagspause. Hühnerbrühe, Brot und Kaffee.

Achte/neunte Stunde:

Praxisstunde in der XX.

Erläuterung der Arbeitsschritte beim Druck einer Radierplatte für M.,

die in der Demonstrationsstunde gefehlt hatte.

Ihr ist auf Anhieb ein guter Abzug ihrer Rhenalonplatte gelungen.

Am Ende aufwändiges Reinigen der Werkzeuge und der Platte.

15.50 Uhr

Dienstschluss. Mit dem Fahrrad zurück nach Mönchengladbach Hauptbahnhof.

Wegen des übervollen Bahnsteigs nicht den RE4 genommen,

sondern die S8 noch knapp bekommen, wegen des defekten Fahrstuhls.

In der ersten Klasse zweimal laute Schülergruppen,

die die Sitzplätze einfach besetzt haben.

Im zweiten Fall von einem grantelnden Senior zwar vertrieben,

aber von einem Mittvierziger mit Migrationshintergrund verteidigt.

16.50 Uhr

Ausstieg in Flingern S-Bahnhof. Diesmal ist der Fahrstuhl nicht defekt,

sondern wird von einem Obdachlosen mit seinem Rollator blockiert.

17.00 Uhr

Zurück zuhause.

Bericht auf WDR 5 über das Problem künstlerischer Nachlässe,

auf die fast immer die Müllverbrennung wartet.


Danach brauche ich ein Gegengift;

vom Winter ist noch etwas Rum da:

DER GUTE POTT.


FREIHEIT, DEIN VORNAME IST AUTO


07.05. 2023


Im Ruhrgebiet sozialisiert

Zwischen Hochofen und Niederhofen,

War Fortbewegung eine

Existentielle Sache.

Denn die Nornen und die Musen

Sparten Loh beim Flaschendrehen

Immer aus.


So waren Zweiräder und Zweitakter

Und später Vierräder und Viertakter

Geradezu Ikonen

Zuversichtsgestützter Weltsicht.

Mit ihnen konnte man schnell weg

Und oft zu Karpfenteichen voller Kunst-Koi,

Samt dem Schlamm am Grund.

Sie waren Ermöglicher

Besonderer Erlebnisse;

Man musste sie einfach mögen...


Indes die Umweltproblematikbögen

Die Haare spannten für's ADAGIO...


Seit dreißig Jahren haben wir kein Auto mehr.

Das fiel uns doch ehr leicht, als schwer.

(Allerdings in der Stadt).


Aber fast alle Welt fährt weiter

Und meistens mit Benzin.

Fürchtet denn keiner dieser GANZ BEQUEMEN

UNBEQUEME Nachfragen

Der Kinder und der Enkel:


"Papa, Opa, wart Ihr damals denn auch Autofahrer?"


ÜBERBEWERTETE  WÄRME

04.05. 2023


Ja, es ist eine schöne Vorstellung:

Daß es warm ist.

Draussen oder drinnen.

Oder zwischenmenschlich.

Am Kamin, im Bett, am Arbeitsplatz.


Doch:

War es nicht die Eiszeit,

Die uns're Ahnen

Zu fellbehängter Kraft

Und starker Stirn verhalf?

War es nicht jahrzehntelang der Kalte Krieg,

Der erst Behaglichkeit ermöglichte?

Und:

Sind es nicht die Kühlen Schönen,

Die das Subäquatorblut erwärmen?


Das sollte ich im Hinterkopf behalten,

Wenn an meiner Schule

Wieder 'mal die Heizung kalt bleibt...

Und Erkältung?

Kommt und geht.

So, wie der Virus weht.

Im Zweifelsfalle: Mantel an!

Und vielleicht die Hantel dann

Optimistisch hochgereckt...


ARROGANZ

23.04. 2023


Wir kannten das Wort lange

Bevor wir es mit Leben hätten füllen können:

Es kam von "a", lateinisch für "von...weg"

Und von "rogare", "reden, bitten, beten".

Seit jeher schlecht beleumundet,

Ein Etikett, ein Stigma.

Arrogante Menschen waren schwer erträglich

Und man selbst

Hielt sich von arroganter Attitüde tunlichst fern.

Im Studium der Malerei den Grund des Brunnens untersuchend

Stellte Arroganz sich bald ganz anders dar:

ALS SCHUTZ.

Wenn man zum Beispiel rheinisch jovial

Von Durchschnittsbürgern angegangen wurde:

"Und?!", "Was hamm Se sich dabei jedacht?"

Der Frage ging ganz offenbar

Kein Nachdenken voraus,

Kein Innehalten, kein Respekt.

Und das kam häufig vor.

Bis unsereins dann zunehmend

Halbhöflich schwieg.

Und danach als arrogant galt.

Dumm gelaufen, doch der Durchschnittsbürger

Trat in kommunikative Vorleistung.


Aber auch die Ignoranz der Umwelt

Ist nicht zu vernachlässigen:

Wer viele Jahre Mangel auf sich nimmt,

Um seinem Ideal zu folgen,

Stellt schließlich fest:

Die Biedermänner und Bequemleber

Erkennen garnichts an

Von ihrer Wohlstandshallig aus;

IDEALE sind ihnen naiv und unbrauchbar,

Vielleicht sogar gefährlich.

Und deshalb denk' ich heute, EHRLICH:

ARROGANZ braucht TOLERANZ!


BEKANNTMACHUNG


16.4. 2023 - Satire!


Nach langer, interner Beratung hat die Fachleiterkonferenz KUNST (FKK)

in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Restfamilie,

Queere und Asexuelle (BMRQA),

sowie dem Bundesministerium für Political-Correctness-Prophylaxe (BMPCP),

sich entschieden, die Vermeidung der Farbe BRAUN zu empfehlen.


Denn diese Farbe steht wie keine andere für Menschenverachtung,

Ausgrenzung und überholte Werte.


Statt dessen empfehlen alle drei beteiligten Behörden

Zukünftig die ausschließliche Verwendung der Regenbogenfarben.

Ausnahmen für SCHWARZ und WEISS sind zu beantragen.


Sanktionen bei Nichtbefolgen der Empfehlungen

erfolgen in Sozialen Medien.


Übergangsregelungen gelten für Ackerboden, Holz und Fäkalien

bis zum 11. 11. 2025


                                                                               


                                                                               Eckhart Eichhorn,

                                                                               Satiresekretär im BMRQA


ERNEUERBARE  ENERGIE


15.04. 2023


Ach ja, die Gegenwart ist voller Krisen:

Klima- und Ukraine-,

Inflations- und Bildungs-,

Handwerker- und Energie-...


Da gewinnen die "Erneuerbaren"

Stetig an Bedeutung.

Meistens gedacht als

Kraft aus Sonne, Wind

Und Fäulnis.

Oder Grünem Wasserstoff.


Ich glaube, hier wurde

Ein Eckpfeiler vergessen;

Wenn Sie ein Bürger sind voll Wut

Dann werden Sie ihn kennen:

Den Roten Kopf.

Der mag bisweilen schmerzen

Ob der Gründe für die Röte

ABER ER HAT ENERGIE!

Tauchen Sie ihn einfach

In den Mainstream des Diskurses.

Seine Abwärme

Erwärmt den Strom.

Und ein Wärmetauscher holt die dann zurück.


Zu albern, zu banal?


Vielleicht. Doch nicht fatal

Wie höhere Entscheidungen...




VEGANE AUSSENPOLITIK


08.04. 2023


Eine Feministische Aussenpolitik

Ist sicher deutlich überfällig.

Matriarchate kamen schon

Zu lange aus der Mode

(Wenige Jahrtausende)


Und sowohl die Adler,

Als auch Löwen,

Haben Recht auf Zoff mit Möwen

Oder Sehkühen.


Doch das kann nur der Anfang sein!


Gestern ging es noch darum,

Nur Fokusse zu ändern,

Von den Männern,

Auf die Frauen.


Aber was ist mit den Tieren?

Wesen, laufend oft auf Vieren,

Jahrtausende nur Nahrung / Beute

Dabei doch ganz oft bis heute

Auch empathisch und

Mensch-loyal wie eben Hund.


Ich finde: Ja, wir sollten mehr

Ihre Anliegen beachten

Und nicht einzig danach trachten

Sie nur lecker anzubraten...


Aussenpolitik könnte

Im Spreewald spriessen

Oder auch im Rheingau.

Und die königliche Weinfrau

Hätte kein Problem mehr mit


ALPHATIERGONADEN!


OBDACHLOSE

05.04. 2023


Lange haben sie mir Leid getan,

Die Obdachlosen,

Und ich habe ihnen oft gegeben.

Arme Gestalten, dachte ich,

Vom Schicksal gezeichnet..


Bis ich gehört habe,

Daß alle, die in einer Stadt leben,

Unterstützt werden, auch mit Wohnungen.


Außer denen, die sozial nicht kompatibel sind,

Die randalieren, pöbeln,

Grundsätzlich aggressiv sind.


Seither wandelt sich mein Bild der überwiegend Bärtigen

Und ich frage mich:

Wie kann man so die Selbstachtung verlieren,

Daß man ganz verdreckt ist, stinkt

Und auch in Fahrstühlen der Allgemeinheit defäkiert?


Einigen sehr schwer Getroffenen

Tue ich wahrscheinlich Unrecht.


Aber etliche sind derart lässig, dreist und frech,

Daß ich ganz sprachlos bleibe.

Und ihnen gegenüber meistens schweige.

WOHLWOLLEND aber NICHT.


PLÄDOYER  FÜR's  SIEZEN

02.04. 2023


Was haben wir, die BOOMER,

Doch für hübsche Hecken

Längs des Weg's durch die Gesellschaft:

Dichtes Grün,

Das uns in aller Regel

Vor Formfehlern bewahrt und Fettnäpfchen.

Zum Beispiel vor dem permanenten Duzen.


Man duzte sich in der Familie,

Unter Freunden, Gleichaltrigen,

Später bei der Arbeit manchmal

Oder in der Freizeit.

Man siezte Fremde, Ältere,

Und Vorgesetzte

Und auch Autoritäten wie

Lehrer, Ärzte, Pfarrer, Polizisten.


Bis irgendwann im Nachklang der Studentenjahre 68

Das Duzen nach und nach zum Standardumgang wurde.


Doch sind wir nicht am Ende alle gleich?

Natürlich: Tot.

Vorher jedoch, da leben wir auf ganz verschied'nen Schienen...


Angeblich duzen alle Mitarbeiter bei IKEA

Sogar ihre Chefs.

(Fast wie in einer UR-Gemeinde)

UR-UR-Feinde

Können dort nur Partisanisch sprechen...


Nein, so viel Nähe ist doch nur Behauptung!

Und VielLEICHT ist es ja irgendwann `mal so,

Daß Menschen, die sich schätzen,

Sich AUSDRÜCKLICH SIEZEN,

Wie aus der DDR berichtet wurde,

Damals, unter DUZ-GENOSSEN.


MEERSCHWEINCHEN & FRETTCHEN


Eine Fabel

16.03. 2023


Ein Meerschweinchen ging einst durch einen Wald.

Dort warteten schon zwei

Ihm bekannte Frettchen.

"Hey, Schlampe, was stolzierst Du so gelangweilt durch den Wald?

Willst Du uns provozieren?"

Sprachen es die Wiesel an.

"Nein", antwortete das Haustier,

"Ich war bei meiner Freundin,

Und nun komme ich zurück."

"Du machst uns wütend!"

Riefen dann die beiden wie im Chor;

Und bissen flugs

Dem Meerschweinchen die Kehle durch.

Nach diesem Blutbad

Wurden sie schon bald ermittelt

Und streng dazu befragt:

"Was fällt Euch ein,

Ein Meerschwein einfach totzubeißen?"

Fragten große, hohe Tiere.

"Wir waren wütend auf das Pet..."

Gaben die beiden daraufhin zurück.

"Ja, wenn das so ist,"

Antworteten Fuchs und Bär,

"Wird man Euch gut verstehen

Und außerdem für Euch

Nach Psychologen sehen..."


Vertraut also, Ihr Täter,

Auf nachhaltigen Täterschutz;

Ein Opfer ist für

GARNICHTS NUTZ.



FEMINA & FEMINISMUS

Eine Fabel

07.03. 2023


Femina verschlief den

Anfang ihres Lebensfilms im Wald.

Dann näherte sich ihr

Gehörnt, eine Gestalt:

"Bleib' ruhig, meine Liebe, denn sobald

Du Dich in Furchtschreien verlierst,

Werde ich grob:

Und tue dann als ob

Du unter meinem Glockenschlegel klängest."

"In Ordnung, rauer Mann,"

Sagte die weibliche,

"Doch, was willst Du nun von mir?"

"Nur eine Petitesse, einen ISMUS,"

Sprach der Wilde

Mit Glanz im Blick

Und auf den Lippen Milde,

"Einen ISMUS als Dein Kind,

Bei meiner Vaterschaft."

Sie war ihm gut;

Ein wenig Blut,

Und ein lustvolles Spiel

Das brachte beide dann zum Ziel:

Der Junge war ein echter Junge,

Sie nannten ihn den

FEMINISMUS.

Bekämpfte furchtlos jeden ISMUS neben ihm.

Bis er gewann. Und dann

Ermordete er seine Eltern.


Denn, liebe Pädagogen:

Kaum ein ISMUS

Führt nach oben!


MISS CEMETARY & WURM

Eine Fabel

06.03. 2023


Als alle MISS WAHLEN vorüber waren

Stellte sich ein Unbehagen ein

Weiter Kreise ob der als obszön empfundenen

Zurschaustellung weiblicher Form.

Und man entschloss sich,

In finaler MISS WAHL

MISS CEMETARY zu küren,

Zur Kompensation des

Lang anhaltenden

SEXISMUS.

Die SCHÖNE LEICH',

Die dann in Wien gefeiert wurde,

Verleitete auch einen Wurm

Zur frechen Rede:

"Nun siehst Du, was Du von der Schönheit hast;

Bald wirst Du faulen,

Und ich penetriere Dir

Das Herz, die Lunge und die Zunge!"

"Das magst Du tun, in Deinem misogynen Sturm,"

Lächelte dann die frisch Verschiedene,

"Doch denk' daran,

ICH WAR wenigstens schön,

Doch DU BLEIBST Wurm..."


Und darum, Frauenfreunde, Frauenfeinde:

LASST DIE SCHÖNHEIT GELTEN.

 


DOHL & DEPP

Eine Fabel

05.03. 2023


In einer Schuhschule in Budapester-City

Lehrte vor Jahren auch ein Dohl.

Er sprach über Kultur, Benimm und Handwerkskunst

Und auch natürlich über Schuhe.

Ein mäßig mit Verstand versorgter Schüler

Trat ihm dabei dauernd auf die

Beispielhaften Budapester.

Nicht, daß dem Dohle das nicht aufgefallen wäre;

Oft schon ermahnte er den linken Vogel.

Doch der blieb stur

Und trampelte ganz fröhlich weiter

Auf die guten Lloyd Schuhe.

Am Ende dieses Schuljahrs

Gab es Noten wie gewohnt

Und für den Querkopf MANGELHAFT.

"Sie haben mich mit FÜNF bewertet,

Weil Sie mich nicht leiden können!"

Ließ sich der Renitente dann vernehmen.

"Oh, nein", entgegnete der Schuhschullehrer,

"UNGENÜGEND" wäre adäquat gewesen,

MANGELHAFT ist reine MILDE..."


Deshalb, Ihr coolen, selbstbewussten Deppen:

Denkt VOR Euren Taten,

Das kann man nur dringend raten!


OPTIMIST & PESSIMIST


Eine Fabel

26.02. 2023


Ein Optimist hupte vor vielen Jahren

Walkingbasslinien in einen Wald,

Mit seiner Tuba.

Etwas verloren hinter seinem großen Horn

Vergaß er Wald und Bäume

Und formte seine Träume

Zu Tönen zwischen Bär und Frosch.

Da kam ein Pessimist vorbei

Und frug den Tieftöner:

"Hey, Lauch hinter der Messingschnecke,

Was machst Du soviel Lärm?

Die Vögel fliehen schon

Und Füchsen bläht sich das Gedärm!"

"Ja, einfach ist es nicht, Zustimmung zu erspielen"

Redete daraufhin der Blechbassist,

"Doch zwischen diesen ablehnenden Vielen

Sind immer auch noch einige

Die angerührt sind von der Tuba;

Und im jazzophilen Zuber

Waschen sie ihr Kleid."

"Und außerdem," fuhr dann der Bläser fort,

"Sind es die Schwingungen, die unser Universum tragen..."

Keine Fragen

Kamen dann dem Spoiler

Nunmehr auf die Lippen...


Tut also, Künstler, was Ihr tuen müsst,

Und achtet nicht auf Pessimisten;

Wenn die von dem Glücke wüssten,

Das Euch eignet,

Wären sie ganz still.


KING KONG & BURGER KING

Eine Fabel

16.02. 2023


Am Ende eines langen Drehtags

Hatte KING KONG großen Hunger.

Der Italiener hatte schon geschlossen

Und der Wienerwald war voll.

So ging er dann im würdigen Gorillaschritt zu BURGER KING.

"Einen Beefburger, bitte, mit weißer Frau!"

Der kleine China-Kellner nickte.

Er verschwand hinter den Öfen

Und kam mit einem Burger und zehn Kilo Tofu zurück.

"Das ist aber keine weiße Frau!", sagte der Affe.

"Wir dürfen Frauenfleisch nicht mehr verkaufen",

Gab der Servicemann zurück,

"Weil das unethisch ist."

"Ja, wenn das SO ist", grinste der Gorilla,

"Gib' mir zum Tofu bitte noch etwas Zigeunersauce!"


Man sieht also, geneigtes Publikum,

Dazulernen

Können auch große Tiere.

Oder nicht.


HERRGOTT & NERD

Eine Fabel

13.02. 2023


Nach gutem, alten Brauch

Verwendete der Herrgott

Seine Schöpferhände für die Schöpfung.

Zur Eröffnung und zum Ende.

Ganz behende

Kam fast zufällig ein Nerd daher;

Der wunderte sich sehr

Und frug den Schöpfer:

"Herr, was mühst Du Dich,

Den Lebenden Geistiges einzublasen?

Diese Menschentwicklungsphasen

Sind doch lange schon passe;

Heutiger Bewusstseinsschnee

Rieselt aus KI."

"Bis jetzt sind die Reklamationen

In der Unterzahl", erwiederte der Höchste.

"Der Geist weht, wo er will, in Menschenhirnen,

Trotz der Clouds!

Du aber magst Dir Deine grauen Zellen

Gerne durch KI ersetzen!"

Sprach's und zum Cool-Nerd-Entsetzen

Schwand ihm sein Bewusstsein...


Also, Freunde der künstlichen I:

Treibt es nicht zu weit;

Zauberlehrling's volle Eimer

Füllt vielleicht bald Leid.


KOALA & TIGER

Eine Fabel

13.02. 2023


Auf einem seiner Streifzüge

Durch Wälder einer Gegend

Traf Tiger auf Koala.

"Was bist denn Du für einer, kleiner Grauer?"

Fragte der Gestreifte auf dem Streifzug.

"Ich bin Koala und ein Prinz

Und fresse Blätter fast wie Pfefferminz;

Und alle Koalinen sind nur auf der Welt

Um mir zu dienen!"

Das gab dem Tiger sehr zu denken.

Wie gerne würde er sich dienen lassen

Nach dem wilden Beutefassen!

"Als Prinz mit einseitiger Nahrung

Schmeckst auch Du wahrscheinlich ganz besonders,"

Sprach das Tier des Tanks

Und fraß den kleinen Bären samt Gewöll.

(Er spekulierte dann auch noch auf liebe Koalinen).


Deshalb, Ihr Prinzen der Familien:

Brüstet Euch nicht mit der Rolle;

Vor allem nicht vor Stärkeren!
























GRÜNE MÄNNCHEN & LEOPARD ZWEI

Eine Fabel

03.02. 2023


Zehn Grüne Männchen kamen nieder vom Mond.

Herab auf die Erde, soweit, wie gewohnt.

Sie frühstückten unter dem Leopard Zwei

Bis dieser dann anfuhr.

Das GROSSE GESCHREI

Blieb denen verborgen,

Im Inn'ren des Panzers;

Sie hätten Gemetzel

Wohl gerne vermieden.

Doch Frühstücker unter

Kraus-Maffay'schen Ketten

Kann man vernunftbetont

Nun mal nicht retten...


So bleibt also, GRÜNE,

Am besten am Mond;

Die Erde ist schwierig,

Weil doch noch bewohnt.


BÜRGER & WEISER RAT

Eine Fabel

03.02. 2023


Die Welt der Post²-Moderne

War wirklich nicht die alte.

Die Krisen kamen wie Gezeiten,

Die Menschen suchten Sicherheiten.

Doch waren uns're Böden trocken,

Die Luft voll Kohlendioxid

Und beinah' jedes Wasser trüb.

Die meisten fürchteten, sich zu vergiften

Bei dem Verzehr von Lebensmitteln.

Deshalb verordnete der WEISE RAT

Der SICHERHEITSGESELLSCHAFT

Den Wahlbürgern Diäten:

Zukünftig solle es nur Wasser geben

Und an Cerealien Oblaten.

(Dazu hatten Restchristen geraten)

Die Bürgermenschen fügten sich und sprachen:

"Lieber mager sicher, als vollschlank und krank!"

Und man begann, zu siechen.

Anorex wurde zum Jungennamen, selbstverständlich.-

Bis irgendwann ein Wagen voller Currywürste

In der Stadt verunglückte.

Kaum sprach sich das herum,

Da fanden sich mit hundert Messern, hundert Gabeln,

Ausgezehrte Wutbürger

Am Unfallort zusammen.

Um den Imbisswagenunfall

Zum Umsturzversuch zu nutzen:

Würste schlingend spritzten sie die Saucen

Sich ins Gesicht und ließen

Ab davon erst morgens früh.

Dann schrieben sie mit Senf auf Brotschnitten:

"GESUNDHEIT AUS MANGEL,

DAS IST DOCH DIE ANGEL,

AN DER DER GENUSSMENSCH KREPIERT!"

Und meuchelten die Anorexegeten.


Also, Gesundheitspäbste, -prediger:

Kaum etwas trägt weniger

Als gewollter Mangel.




BAUHAUS & HYPE

Eine Fabel

27.01.2023


Vor langer Zeit lebte ein Haus des Baus.

Ein Urenkel der Bauhütte.

Dem schlug ein Gendefekt

Den ganzen Zierrat von der Front.

Und kleidete es ganz in Stahl und Glas.

Mit klaren Linien

Und evangelisch monogam.

NIE

Seit Jahrzehnten fehlte soviel Ornament.

Doch wer die Menschen kennt,

Der weiß, daß sie das lustvolle der Formen brauchen;

Verschwendung statt Askese.

Und deshalb lese

Ich den Hype um's Bauhaus

Als Verlust und Mangel

Statt Gewinn an Form.

NONKONFORM

Perlt diese Haltung

An der Kunstgeschichte ab.


Und trotzdem, liebe Kunstgeschichtler:

Denkt in großen Bögen;

Was die Menschen lange mögen,

Kann nicht ganz verkehrt sein.



SCHÄFERHUND & WIND

Eine Fabel


Ein Schäferhund, der eine Hütte hüten sollte,

Verbrachte sehr viel Zeit mit Rauchen.

(Sonst war er wenig zu gebrauchen)

Das Dach defekt, die Fenster blind,

Bedeutete ihm wenig.

Bis irgendwann ein neuer Wind

Ihm seine Hütte fortnahm.

Fortan

Musste der Hund woanders rauchen.


Deshalb, Ihr Hunde,

Hört die Kunde:

FAULHEIT

Führt zu nichts.


DOHLE & KROKODIL

Eine Fabel

19.01.2023


In einer Schule für die Besten eines Jahrgangs

Saß früher auch ein Krokodil.

Geleitet wurde diese Schule

Von der pädagogisch dekorierten Dohle.

An einem Tag nun biss das Schuppentier

Der Dohle in den Flügel.

"Du, Du,Du!" sagte die Dohle,

"Das sollst Du nicht!

Doch ich versteh' Dich:

Deine dentale Disposition

Verlangt wohl manchmal sehr nach einem Biss...!"

Das hörten auch die anderen,

Die Bullterrier, Frettchen, Affen.

Und machten sich an einem Plan zu schaffen;

Und bald schon bissen alle

Der Dohle in die Flügel, Rippen, Beine.

Ganz alleine

War die Krähenschwester nun.

Mit Schmerzen und Verständnis.


Deshalb SCHÜLERVERSTEHER,

Beachtet Nachsicht's Grenzen;

Sonst wird das Verständnis

Euch noch zum Verhängnis.


KÜNSTLERFISCH & DOHLE

EINE FABEL

31.12. 2022


Ein Künstlerfisch lehnte gelassen

Am Wermutglas in einer Bar.

Da kam ein Dohlenweibchen angeflogen, das ihn frug:

"Du scheinst nicht ganz in Deinem Element zu sein, nicht wahr?

Du könntest sterben ohne Stoff!"

"Ja, das mag sein", entgegnete der Künstler,

"Doch Haltung ist mir wichtiger

Als lauwarme Bequemlichkeit.

Und sterben? ...müssen wir alle.

Mit Haltung aber und mit Eleganz

Entgehe ich der Larmoyanz!"


Deshalb wägt ab, Bewohner der Gewässer:

Was ist besser,

Kunst oder Komfort?


WEISSER RABE & ENTSCHEIDER

EINE FABEL

29.12. 2022


Ein weisser Rabe bat um Aufnahme

Im Rabenheim, im Dorf am Rhein:

"Ich bin zwar anders, aber Rabe",

Ließ er sich in's Verfahren ein.

"Ja, Du bist anders, " kam die Antwort,

"Doch nicht genug; und schau' Dich um:

Wir sind hier Drosseln, Eulen, Störche..." der Entscheider.

"Und warum bin ich dann im Heim für Raben?"

Fragte ganz naiv der Weiße.

"Das ist die alte, rechte Scheiße,

diese Frage, ohne Frage!" weiter der Bestimmer.

"Wenn Du denn zu uns kommen willst", fuhr dieser fort,

"Lass' Dir die Flügel stutzen und die Federn färben.

Sterben

Kannst Du auch als Papagei!"


Drum überlegt Euch, weiße Raben:

Wieviele braucht man, wieviel Farben?


KÜNSTLERKATER & TIERRETTER

EINE FABEL

29.12. 2022


Ein Künstlerkater kletterte

Aus Übermut auf einen Baum,

Und Leidenschaft für Bäume.

Er habe viele, hohe Träume,

Das gab er zur Begründung an.

Dort oben aber gab es

Weder Milch noch Mäuse.

(Das hatte man ihm auch gesagt)

Doch er hat das Problem vertagt.

So blieben ihm nur Klagerufe.

(Zum Berufe

Wurd' das nicht.

Und kein Gedicht.)

Erst Katzenfreundehöhenretter

Scheuten weder Wind noch Wetter.

Und bargen dann das Katertier

Aus des hohen Baumes Krone. Ohne

Vorwurf, Ohne Harm.

Heute ist der Kater arm.

Arm an Milch und arm an Mäusen.

Aber seine Jugendfläusen

Bleiben unvergesslich.


Deshalb, liebe Stubentiger,

Fragt Euch, ob Ihr etwa lieber

Hoch hinaus wollt,

Oder Mäuse.


OTTER & EICHHÖRNCHEN

EINE FABEL

29.12. 2022


Ein Otter saß im Sonnenlicht

Am Seeufer auf Kieseln

Und filettierte einen Stichling.

Da kam ein fast veganes Eichhörnchen gesprungen,

Auf Einkaufstour gesunder Art.

"Otter, was kosten Deine Eier?"

Fragte es, die Kiesel fest im Blick. "Für Dich ein Euro jedes Stück"

Erwiederte der Fischerfeind,

"Es sind gerollte Flusseier, und jedes Gramm vegan!"

"Dann gib' mir bitte zwei", sagte das Baumtier,

Zahlte und verschwand.

Am nächsten Tage kam es wieder

Zu dem Otter an den See:

"U has mir Seine eingepack!"

Beschwerte sich das Rote ohne Schneidezähne.

"Ich habe nur gesagt, es seien Flusseier, gerollt, vegan;

Hast Du denn jemals einen Wasserlauf

Mal Eier legen sehen? schloss der Otter das Gespräch.


So kann es einem gehen, Veganisten,

Wenn man gesundes Essen zu hoch hängt.


WEGSCHNECKE & IGEL

EINE FABEL

28.12. 2022


Noch etwas müde vom verschlaf'nen Winter

Traf der Igel eine Schnecke.

"Du kleine, geile Schnecke,

Wie geht es Dir denn heute?"

Frug der Säuger.

"Wenn Du mich bitte ganz korrekt ansprechen würdest, besser",

Antwortete die bestimmt.

"Wie Du wohl weißt, sind wir ja Zwitter; deshalb

Sprich' mich bitte an mit

"SCHNECK*E in wirbellos gerechter Sprache!"

"Beim nächsten Mal", versicherte der Stachler

Und nahm das Tier als Wege-Sushi.

Lustvoll schmatzend dachte der

"Du schmeckst mir auch als Schneck!"


So achtet also,

Selbstverliebte Sprachenwächter,

Darauf, wen Ihr

Mit dem GENDERN triggert:

Manchmal geht das kräftig schief...


DOHLE & MEHRHEITEN

EINE FABEL

27.12. 2022


Für die Vernunft im Weltmaßstab

Kämpfte vormals eine Dohle.

Jahrzehntelang.

Mit Leidenschaft und doch erfolglos;

"Verbraucht nicht mehr, als diese Erde hergibt!"

War ihr Wahlspruch, lange.

Und ihr war oftmals angst und bange

Angesichts der Plünderung.

"Bedenkenträger braucht man nicht!"

Hielten die Mehrheiten dagegen,

"Und Christen-Argumente zählen nicht

In uns'rem säkularen Leben!"

So sprachen alle Hedonisten.

Und geradezu, als ob sie wüssten,

Daß die Zeit kaum reichen wird, um nachhaltig zu leben,

Verbrannten sie ihr Geld in SUVs.

Und in AIDAs. MIDAS

Winkt am Mittelmeer.


Deshalb, Boomer, Bonzen, Nihilisten:

Bleibt auf Euren Pfründen sitzen

Bis Ihr sterbt!


MAUS & MAULWURF

EINE FABEL

23.12. 2022


Vor Jahren lebte eine Maus

Mit ihrem Nachbarn, einem Maulwurf

In einem Wiesental am Wald.

Sie gruben Gänge in die Erde,

Daß eine Wohnung daraus werde.

Doch eines Tages kam ein Regen,

Stark und heftig, der

Drohte ihre Gänge bald zu überfluten.

"Was machen wir?" fragten die Tiere sich

Nun voller Sorge.

"Ich werde Hilfe googlen!", sprach die Maus,

Derweil das Wasser stieg.

"Ich habe starke Hände", gab der Samtige zurück,

"Mit denen will ich einen Ausweg graben!"

Die Maus ertrank, bevor sie sich versah.

Und der fast Blinde grub sich einen Ausweg.


Deshalb, Ihr Erdbewohner, Gängegräber, Hypebetoner:

Verlasst Euch nicht auf Suchmaschinen,

Die erstmal nur dem Suchen dienen.


ROTKEHLCHEN & VOGELSPINNE

EINE FABEL

18.12. 2022


Vor wenigen Dekaden streifte

Eine Vogelspinne durch das Land.

Da traf sie irgendwann ein Rotkehlchen, das zufällig

Ihr zutraulich entgegenkam.

"Du goldkehliges Rotkehlchen,

Willst Du mir nicht die Anmut Deines Soseins

An jedes meiner Beine singen?

Jedes bekäme einen Ton,

Und Du dafür gerechten Lohn!"

Das Rotkehlchen war sehr gerührt

Und eigentlich sogar verführt.

Und ging zur Vogelspinne.

Die es dann packte, biss

Und ungerührt verspeisste.


So, liebe Vögelchen,

Kann's einem gehen,

Wenn man der Digitalisierung

Allzusehr entgegenkommt.


TOTER & FÄHRMANN

EINE FABEL

18.12. 2022


Ein frisch Verstorbener, rechthaberischer Toter

Kam irgendwann beim Fährmann an, am Styx.

Beharren auf Prinzipien gewohnt,

Sprach er, ganz selbstbewusst,

Den Schiffer an:

"Hey, Bootsmann, ich bin hier zu reklamieren,

Was mir schuldlos doch entgangen ist:

Des Lebens Rest.

Statistisch müsste ich mit achtundsiebzig Jahren abgetreten sein,

Statt nun mit achtundfünfzig;

Ich fordere Erstattung der nicht abgelebten zwanzig Jahre!"

"Eure Statistik gilt hier nicht", ließ sich der Dunkle nun vernehmen;

"Und Besserwisserei wird nicht geduldet!"

Sprach's und stieß den Toten

In das feuchte Vorzimmer des Hades,

Daß er selber schwömme,

Wohin er nun sölle.


Deshalb, Rechthaber und Besserwisser:

Weiter so mit Vorwürfen wie trocken Brot!

Sonst ist man

-eh man etwas reklamiert hat-

tot.



DOHLE & SCHILDKRÖTE

EINE FABEL

11.12. 2022


Vor vielen Jahren leitete

Ein Dohlenweibchen eine Schule.

(Die Dohlenmännchen wurden ausgemustert)

Hoch über'm Park in Baumes Krone,

Damit der Überblick sich lohne.

Doch irgendwann kam dort ein Reiher

Vorbeigeflogen, samt Geschenk:

"In Wirklichkeit ist diese Schildkröte ganz Dohle;

Sie soll hier lernen ganz zum Wohle

Ihrer verborgenen Gestalt!"

Das Dohlenweibchen nahm zur Kenntnis,

Daß heute nicht die ganze Kenntnis

Vom Dohlesein vonnöten war

Und machte einen Sitzplatz klar.

"Ihr müsst mir meine Welt erklären,

Und Eure Welt noch obendrein!"

Verlangte das Exilreptil.

Sprach's und torkelte und fiel

Bis auf den Parkboden, ganz grün.

Da half nun keine Rede, kein Bemüh'n:

Das Tier blieb stumm.


Und fragst Du Dich, geneigter Leser,

Vielleicht auch, warum

Wir von dem Kriechtier nichts mehr hören?

Weil Schildkröten nun einmal nicht

In Baumkronen gehören.


ERDMÄNNCHEN & REGENBOGEN

EINE FABEL

11.12. 2022


In blauer Vorzeit lebten einstmals Erdmännchen.

Die steckten ihre Schwänzchen ineinander

Und freuten sich des warmen Lebens, immer

Gut beschützt vom Regenbogen.

Sie sangen tags und sangen nachts:

"Wir sind die schönsten Erdmännchen,

Und selbst gerechte Wertmännchen!"

Doch irgendwann entstand ein kalter, grauer Virus,

Der Regenbogenbieger.

Lästig wie SARS, doch tödlich wie ein Tiger

Nach einer Woche Fasten.

Der bog den ganzen Regenbogen

Kurzerhand dann ganz nach oben.

Nun waren alle Erdmännchen der Strahlung ausgesetzt,

Die eine homophobe Umwelt auf die Männchen sandte; viele starben.


Deshalb, Minderheit, singt nicht zu laut;

Der Virus hört auch leisen Laut.


BULLTERRIER & HÜHNCHEN

EINE FABEL

11.12. 2022


In einem Sonnenstudio,

An dem der Bullterrier einmal langkam,

Aalte sich ein Hühnchen auf der Bank.

"Du hübsches Hühnchen", flirtete der Kampfhund,

"Dein Gefieder hat ein wunderbares Braun;

Willst Du es nicht noch steigern in der Farbe und im Glanz?"

Dem Hühnchen, leicht verlegen, aber stolz,

Gefiel die schmeichelhafte Rede des ganz Weißen.

Weshalb es antwortete:

"Gern, wenn Du mir zeigst, wie ich es schaffen kann..."

Und der Vierbein antwortete "Komm..."

Und das Hühnchen kam und ging mit ihm.

Am Zielort angekommen packte er das Tier,

Und spießte es auf seinen großen Grill.

Da wurde es schon bald gebräunt

Und, appetitlich glänzend, quergedreht.


Also, Hühnchen,

Traut nicht den Versprechungen,

die sich an Euer Aussehn knüpfen

Oder wundert Euch anschließend nicht...


Neuer Text






LEHRERMANGEL?

Nur ein didaktisches Problem!

Auch eine Satire!


Als vor etlichen pädagogischen Fünfjahresplänen

Herr Klafki das geradezu prophetische Bonmot

vom PRIMAT DER DIDAKTIK geprägt hat,

konnte er nicht wissen, wie wahr seine Weltsicht werden würde.

So wahr, daß ich den behaupteten Lehrermangel als Mangel zunächst trotz Evidenz bestreiten,

dann aber als geradezu exemplarisches Didaktikthema fokussieren würde,

vor allem bei der Anwerbung der Lehramtsstudenten.

Ich würde eine supersophisticated Werbeagentur buchen,

die schon Erfahrung mit der dialektischen Vermittlung politischer Inhalte

(zum Beispiel für DIE GRÜNEN) hat und sie zu einer multimedialen Kampagne

(inklusive Image-Videos von charmanten und gelassenen Junglehrern in Tiny Houses

des eigenen Schrebergartens)animieren.


Die sollte dann die Zukunft der Lehramtsanwärter in nachhaltigen, warmen Farben zeichnen

und zwar in den Handlungsfeldern:


KLASSENLEITUNG

Lassen Sie sich nicht irritieren von über dreißig Schülern in der Klasse.

Jedes Kind ist ein zukünftiger Gestalter der Gesellschaft.

Was er oder sie dort macht, ist eine andere Frage.

Auch die verschiedenen Ethnien sollten kein Problem sein:

Sie lernen beiläufig die seltendsten Namen der Welt und deren Aussprachen,

erfreuen sich an den kulturellen Eigenheiten der Kinder und müssen vielleicht lediglich

ab und zu schüchterne Kinder trösten, die von der jovialen Mehrheit bedrängt werden.

Oder Mädchen mit XXXXX tolerieren.

(Auch das Haar junger Mädchen kann erwachsene Männer versuchen!)

Man wächst mit der Aufgabe.

Und der Palästinensisch-Israelische Konflikt kann im Politikunterricht besprochen werden...

Auch bei Elternabenden sind Lehrer gern gesehen.

Was in den Kindern vorgeht, ist immer interessant,

besonders aus der Sicht der Eltern.


UNTERRICHTSGESCHEHEN

Ein Lärmpegel unterhalb eines vorbeifahrenden LKW sollte Ihnen keine Sorge bereiten;

viele Kinder sind es gewohnt, sich schreiend zu unterhalten;

in den meisten öffentlichen Veranstaltungen sind Schreie, Rufe, Trommeln und Applaus erwünscht.

Außerdem kräftigt Schreien die Lungen unserer Kinder

und trägt so zu einer gesunden psychosozialen Entwicklung bei.

Auch Aufspringen, Tanzen, Singen und kleine Attacken von Mitschülern

würde ich empfehlen zu tolerieren, ebenso wie spontane Unterbrechungen fremder Gespräche.

Ist es nicht so, daß sich in unserer Gesellschaft nur jemand mit bestimmtem Auftreten durchsetzt?

Und Frechheiten? Nicht überbewerten!

Wahrscheinlich war es eine Art rauer Freundlichkeit.

Essen im Unterricht ist zwar gewöhnungsbedürftig,

aber oft ein Zeichen von Wohlfühlen;

formal unterstreichen Schüler diese Einschätzung gerne mit Jogginghose und Hoodie.

Also erlauben!

Wie auch das beliebte Musikhören mit dem Handy während des Unterrichts.

Und wenn dann 'mal ein paar Pornos getauscht werden,

setzen sich die Schüler immerhin mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinander...

Keine Stimme mehr nach vielen Stunden Unterstufe?

Keine Nerven mehr nach zuviel Störungen?

Johnny, Jack und Jim helfen.

Natürlich hat die Geduld ein Ende bei Schlägereien mit Mitschülern oder Lehrern.

Dann sollte man den Eltern mit ihrem Kind vielleicht den Besuch beim Psychologen nahelegen.

(aber nur, wenn er oder sie zustimmt)

Oder den Job einfach als CHALLENGE etikettieren.


INKLUSION

Natürlich soll kein Kind zurückgelassen werden.

Man kann es einfach mitnehmen im Unterricht.

Eine kleine Fortbildung, ein paar Stufenkonferenzen und einige Wochenenden

für den Nachteilsausgleich reichen schon,

die Anforderungen zu erfüllen.

Bei den nächsten Schülern mit Förderbedarf fängt man dann nicht mehr bei null an.

Außer vielleicht bei Anorexie. Da ist Vorsicht geboten.

Aber nicht zu lange. Sonst hat sich das Thema erledigt.


BENOTUNGEN

Ja, das alte, unerfreuliche Thema. Aber auch das kann man positiv wenden:

Man gibt einfach nur Noten von SEHR GUT bis BEFRIEDIGEND.

Und entgeht den Tränen, den Kraftausdrücken und dem Rechtsanwalt

(in aller Regel)

Und vielleicht auch einer Listung in einem Lehrerportal.


RAHMENBEDINGUNGEN

Nominell sind Sie für etwa fünfundzwanzig Stunden verpflichtet.

Aber das erfüllt doch keinen echten Akademiker!

Vorbereitung, Elterngespräche, Emails ohne Ende, Klassenarbeiten und Klausuren,

Konferenzen vieler Art, Arbeitskreise, Einkäufe,

Extraaufgaben und soziale Grauzonen lassen keine Langeweile aufkommen...


WARUM ALSO NOCH WARTEN?













GLANOL


Natürlich bin ich als Künstler auf Schönheit fixiert.

Geradezu genagelt.

Farben und Formen, Valeurs und Nuancen, 

Kontraste und Kompositionen bestimmten mein Kunststudium.

Gerne assoziiert mit femininer Eleganz.

Nicht, daß sich nennenwerte Teile der kulturaffinen Bevölkerung dafür interessiert hätten.

Aber die Beschäftigung mit diesen Reichtümern

schmückte unsere Wohnung und die Ateliers.


Irgendwann drängten sich die Klänge

Alter Jazzsynkopen

Samt Armstrongblech in meinen Alltag

Und sie blieben.

Und ich hing angefixt an der mollgefärbten Nadel,

Der, mit dem Diamant.

Um Jahre später Kannen einzusammeln,

Tiefe Blechgeräte

Mit dem Nachall der Antike.


So fand sich bei den alten Dingen

Auch eine Schweizer Tuba ein,

Ein schwerverletztes Horn mit schmutzigmatter, graugrüngelber Haut.

Das habe ich mit brassbewährter Erster Hilfe aufgepäppelt,

Aber seine Oberfläche abgelehnt.

Doch Hilfe kam vom Internet:

Das Nachforschen ergab, daß das uralte WENOL

Nun GLANOL hieße

Und auch ab und zu verkauft würde...

Heute habe ich die erste halbe Tube wegpoliert.

Die alten Beulen bleiben.

Aber nun glänzen sie

Und ihre Tiefe schwindet.





                                                                                                 

DIE LÖSUNG DES GENDERPROBLEMS

25.07. 2021


Sie ist aber auch schwierig, die Sache mit dem Gendern!

Gerechtigkeit in Sprache abzubilden,

Wenn man noch nicht mal sicher sein kann, daß alle lesen können.

Und, wie man weiß, Gerechtigkeit in der Natur nicht vorkommt.

(Auch "Einfache Sprache" hilft hier nur bedingt).

Dabei: Wir gehören doch alle zur Gattung HOMO SAPIENS.

Ist das nicht "Gender-Glue" genug?

Offenbar nicht.


Obwohl die frühen Hochkulturen wohl alle Matriarchate waren.

Irgendwann, vielleicht seit der Bronzezeit, begannen die Menschen

(Fama est)

-Vielleicht aus der maskulinmuskulären Notwendigkeit der Streitbarkeit geboren-

Ein Gebirge aus Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen aufzutürmen,

Gegen das Der Himalaya eine Sandburg ist.

Daß die einige tausend Jahre Bestand hatten,

Ist wahrscheinlich Zufall.


Jetzt aber scheint es an der Zeit,

Die Dinge zu verändern.

Und zu GENDERN.


Aber natürlich steckt der Teufel im Detail;

Im "Binnen-I", dem Doppelpunkt,

Dem "Gender-Sternchen"

Oder noch zu erfindender

Minimalinvasiver Eingriffe ins Sprachenherz.


Denken lässt sich das alles

Meiner Meinung nach ohnehin schon schwer;

(Auch und gerade von einem Künstler,

Der von Musen enorme Inspirationen erfahren hat).


Umsetzen, lesen, oder sprechen aber kaum;

Wie soll man sie denn ansprechen, die Zielgruppen

Aus Frauen, Männern, Diversen,

Arbeiter, Angestellten, Beamten, Handwerkern, Akademikern,

Kollegen, Migranten, Mitbürgern oder Behinderten?


Ich habe lange überlegt

Und eine Formulierung gefunden,

Die Niemanden ausschließt:


"ATMENDE"


Das sind alle, die leben.

Menschen.

Und über Tiere reden wir später.


"DIE ARMEN IRREN"?

02.04.2021


Ja. Wir haben Pandemie. Jetzt.

Die Krone der Viren wirft auch auf die Künstler

ihren langen, kalten Schatten.

Und Radiokulturvermittler werden nimmer müde,

den Verlust an Lebensqualität, Erkenntnis und Genuss

wortreich zu beklagen.

Was machen die denn alle, unsere Künstler, jetzt?

Die Grönemeyers, Lindenbergs, Campinos oder Niedeckens

oder Frau Fischer und Frau Connor?

Oder Herr Gursky?

Vielleicht das Kleingeld zählen.



Zunehmend genervt bin ich

-wenn sich zwischen die Meldungsblöcke zur Coronakrise-

immer öfter feullitonesque Debattenfragmente schieben,

die versuchen, den korrekten schriftlichen oder sprachlichen Umgang mit Minderheiten

an die Vehemenz der Einlassungen ihrer Verfechter anzupassen.

In allerbester Volkserziehungsabsicht.

Waren das vor Jahren überwiegend Beispiele mit feministischer Konnotation,

ist deren Strauß ja längst um diverse Selbstverständnisblüten erweitert worden.

Die Ehe für alle als Lebensleistung von Herrn Beck

wird längst von eloquenten Queerprominenten,

Ethnienvertretern, Religionsgruppenanwälten, Randgruppensprechern jeder Art

oder Aktivisten mit moralischem Sendungsbewusstsein übertroffen.


Gibt es eigentlich eine "Fünf-Prozent-Hürde" für Benachteiligte?


Oder eine zeitliche Grenze für historische Schuld?

Etliche Islamisten führten ja die Kreuzzüge der Europäer als Begründung für ihre Anschläge an.

Vielleicht sollten wir vor diesem Hintergrund vorsorglich

den italienischen Ministerpräsident um Vergebung für die Schlacht im Teutoburger Wald bitten...



Ja, im Augenblick bestimmt die Krise.

Auch der Kunst die Diskussion.

Genauer aber eigentlich: Ihrer LEUCHTTÜRME, wie oben.

Denn eines dürfte klar sein:

Die hunderte von kaum bekannten Künstlern,

Literaten, Musikern, Malern und Co.,

Haben auch vor der Krise fast niemanden interessiert.

Auch nicht bei bester Ausbildung, feinstem Vermögen,

größtem Talent oder Fleiß: Denn diese Dinge wurden nicht gebraucht.

Wirtschaftlich. Und das war seit Jahrzehnten die Messlatte.

Und nicht Dichten, Denken, Malen oder Spielen.

Der Dieselskandal bei VW oder die Nationalmannschaftsprobleme

waren ein nationaler Aufreger, nicht die Künstler im Stadtviertel.


SIND DIESE LEUTE ALSO "ARME IRRE",

WEIL SIE WIDER JEDE ÖKONOMISCHE VERNUNFT 

UND TROTZ VIELFÄLTIGEM VERZICHT

AN IHREM TRAUM

UND IHREN IDEALEN FESTHALTEN?



Das mag jeder für sich selbst entscheiden.

Gehör gefunden in den Talkshows oder Parlamenten

haben sie sehr selten. Vielleicht weil sie so oft introvertiert sind;

und das passt schlecht in diese Zeit des Kreischens.





 "D.B."
 

Als ich am Ende der siebziger Jahre nach mäßigem Abitur
mit meinem Schulfreund Dirk in den ersten selbstorganisierten Urlaub aufbrach,
hatten wir außer dem Tiger im Tank auch viel Neugier im Gepäck;
auf Südfrankreich, das Mittelmeer, andere Kulturen und Erfahrungen.

Da traf es sich gut, daß wir schon auf dem ersten Campingplatz auf eine Gruppe
ähnlich disponierter Fasthippies trafen, die ein geräumiges Zelt bewohnten und uns zum Umtrunk einluden. Mit regionalem Rotwein, würde man heute sagen.
Gerne setzten wir uns in das Hauszelt, während die Flasche herumging.
Als sie leer war, brachten wir die nächste Stufe ins Spiel; ich behauptete
-vom westfälisch-evangelischen Background vorsichtig befeuert-
daß ich unbedingt den "Zahnputzeffekt" von PERNOD erleben wolle:
Den saturnalischen Flashback, der nach pernodgetränkter Nacht schon alleine beim Zähneputzen auftreten werde. Und brachte die PERNODflasche in Umlauf...

Dirk und ich müssen wohl später noch hochprozentige Anismusik gemacht haben.
Hat man uns erzählt. Zumindest war mein Saxophonmundstück am Morgen kaputt und voller Sand...
Es war der erste und bisher einzige "Filmriss", den ich hatte. 
Und weil er nicht ganz meinen Erwartungen entsprach
(der "Zahnputzeffekt" wurde von einer grandiosen Übelkeit überlagert)
habe ich ihn seither vermieden; Kontrollverlust schien und scheint mir
absolut nicht erstrebenswert zu sein...

Heute -und aktuell in der Coronkrise- steht exzessives Feiern ohnehin nicht mehr auf meiner "Boomer-" Agenda; aber ich bemerke doch, auch in und wegen der Krise,
eine andere Art von BESOFFENHEIT: "D.B.", die DIGITALE BESOFFENHEIT.
Kein Tag in dieser Krise ist bestimmt vergangen, ohne daß sich Politiker
(besonders mit Prokura für die Jugend), Wissenschaftler, Journalisten oder 
Moderatoren sich nicht über den ungeheuren Bedarf an und die unglaublichen Optionen
der Digitalisierung hätten vernehmen lassen. Die zarten Mahnerstimmen, die auch vereinzelt zu hören waren, bestätigen nur die Regel...

Und der mit der Entgrenzung einhergehende Kontrollverlust?
Kein Thema! Zumindest für die meisten. 
Auch wenn Herr Harari aus Israel das zum Glück anders sieht.

Was ich empfehle? Keine evangelische Abstinenz. 
Abgewogene, vernünftige Digitalisierung:

Eher so etwas wie "SATURNALINI".
Und die schmecken eben auch zu Lesepizza
und Schreibpasta...


TIPPs 

Empfehlungen für den Alltag in der Schule
Noch eine Satire!

FÜR SCHÜLER
In der Unterstufe: 
Geht in die Schule wie auf einen Abenteuerspielplatz:
Tische, Bänke, Flure, Toiletten und der Pausenhof bieten Euch viele Möglichkeiten, 
Euch auszuprobieren. Wenn nicht anders möglich, hört auch Euren Lehrern zu;
manchmal erzählen sie von interessanten Dingen.
Stellt früh genug klar, wer das Sagen hat: Mit der Faust oder Lästereien hinter dem Rücken hat sich noch jede Rangordnung ergeben. Wenn das Mobbing zu arg wird, entschuldigt Ihr Euch eben und sucht Euch ein anderes Opfer...
Traut Euch ruhig auch schon in der Unterstufe, Lehrerinnen oder Lehrer lautstark
anzusprechen; oft wissen sie gar nicht, was sie falsch gemacht oder gesagt haben.
Und da sind kräftiges Keifen und Schimpfen die Mittel der Wahl; deshalb
verwendet auch ruhig Kraftausdrücke, die lassen Euch stärker wirken...
Schließlich gibt es ja hier die Demokratie und da kann jeder sagen was er will
und wie er es will. Und wenn der Lehrer Euch dann wirklich Aufmerksamkeit schenkt:
Hört kaum hin, er erzählt ohnehin immer wieder dasselbe. 
Und das wollt Ihr ja gar nicht hören....
Überhaupt: Seht die Unterrichtsthemen und Aufgaben als Vorschläge an, als Verhandlungsbasis, über die man öfter diskutieren muss.

In der Mittelstufe:
Jetzt seid Ihr nicht mehr "Die Kleinen".
Das soll man aber auch erkennen und verstehen! 
Als Mädchen könnt Ihr gut ausprobieren, was passiert, wenn Ihr GNTM im Klassenraum spielt, besonders im Sommer. Als Jungen seid Ihr inzwischen oft
körperlich größer als einige Lehrer; das ist ein Zeichen! Und wenn Ihr dann sogar
Eure Muskeln gepimpt habt, seid Ihr fast unschlagbar! Mädels stehen auf Bodies
und Sixpacks. Und die alten Lehrer wissen gar nicht, was heute geht.
Also, Jungs: Begegnet den Lehrern so cool wie möglich. Provoziert sie, wo es geht.
Die Schulstunden sind eine gute Bühne dafür, eine Art experimentelles Theater.
Auch wenn es zum Beispiel eigentlich Kunstunterricht heißt. Das ist eben ein Missverständnis auf Seiten der Stundenplaner...
Und wenn sich einer Eurer Lehrer erdreisten sollte, selbst Musik
-und wohlmöglich sogar RAP-  in Euren YouTube-Orbit hochzuladen, 
straft ihn gnadenlos ab mit "Daumen runter", besonders wenn der Lehrer etwas
mangelhaft fand...

In der Oberstufe:
Etliche von Ihnen sind inzwischen volljährig; viele haben den Führerschein gemacht.
Nach den Standards der Gesellschaft sind Sie damit erwachsen.
Da verlangen die Erwartungen an das Leben und die Aussicht auf das Abitur 
geradezu nach selbstbewussten Auftritten: Wenn Sie gute Zensuren haben, 
verlangen Sie bessere. Wenn die Noten bescheiden sind feilschen Sie mit der Lehrkraft, bis sie weich wird. Insistieren Sie gegebenenfalls täglich. Lassen Sie den Lehrer oder die Lehrerin durchaus spüren, daß Ihnen die Zukunft gehört. Arroganz war vielleicht früher verpönt, heute ist sie der milde Glanz, in dem jedwede destruktive Anmerkung erst richtig zur Geltung kommt...

FÜR ELTERN
Melden Sie Ihr Kind spätestens bei der Geburt an einer weiterführenden Schule an.
Am besten an einem Gymnasium. Dann hat es im Leben die besten Chancen.
Bis es dort dann tatsächlich ein- und aus geht brauchen Sie nicht viel zu machen;
Bringen Sie das Kind so früh wie möglich in eine Kindertagesstätte, damit Sie Ihren
Beruf oder Alltag möglichst ungestört weiterleben können. 
Sobald es sprechen kann, können Sie seine Medienkompetenz entwickeln
und ihm ein Handy oder Tablet zum Daddeln hinstellen. Sprechen Sie nicht mehr als nötig mit ihm, erzählen Sie erst recht keine Gute-Nacht-Geschichten! Das Digitale
Zeitalter braucht keine Märchen! Wenn Ihr Kind in die Grundschule kommt, kaufen Sie sich einen SUV, damit Sie es sicher dort abliefern können.
Aber nehmen Sie Ihr Kind unbedingt mit in möglichst exklusive Urlaube in Übersee
oder Asien; dann kann es nachher etwas besonderes erzählen und ist der "King"
unter den Mitschülern...
Wenn es dann auf ein Gymnasium geht, dann kommt Ihre große Zeit:
Überprüfen Sie von Anfang an täglich, ob Ihr Kind richtig behandelt und gefördert wird.
Überprüfen Sie die Aufgabenstellungen der Klassenarbeiten und die Hausaufgaben.
Die Klassenlehrer und Klassenlehrerinnen sind dankbar für jeden Hinweis.
Wenn Sie den Eindruck haben, etwas sei nicht korrekt, melden Sie sich sofort bei der Schulleitung. Bitten Sie bei wiederholten Verdachtsfällen um die Versetzung des Lehrers
in eine andere Lerngruppe. Lassen Sie sich nicht durch die Frage nach der eigenen Beurteilungskompetenz verunsichern: Der gesunde Menschenverstand ist Qualifikation genug! Und auch wenn Ihr Kind erst in der Unterstufe ist: Kritische Nachfragen nach
der Berechtigung von Aufgaben oder Maßnahmen verstärken Ihren Nimbus als engagierte Eltern. Spielen Sie etwaige Agressionen oder Gewaltausbrüche herunter
und verweisen Sie auf einschlägige ärztliche Atteste oder die lange Warteliste des
örtlichen Schulpsychologen. Und wenn Ihrem Kind dann wider alle Erwartungen
doch noch zensurale Hindernisse auf dem Weg zum Abitur im Weg stehen sollten:
Scheuen Sie sich nicht, die passenden Zensuren einzuklagen. Das liegt im Trend
und trägt zur Diversität der Schulgemeinschaft bei.

FÜR LEHRAMTSANWÄRTER
Wenn Sie noch kein Examen haben: 
Zeigen Sie sich engagiert, aber devot. Vergessen Sie die Inhalte Ihres Faches.
Es gilt das Primat der Didaktik: Was relevant für Ihre Ausbildung und Ihren Unterricht ist, bestimmen Ihre Fachleiter. Unfehlbar. 
Als Frau kleiden Sie sich am besten möglichst ähnlich wie Schüler in Jeans, Pullover und Turnschuhen: Dann denken Schüler, Sie seien die große, freundliche Schwester und Sie vermeiden jede sexistische Assoziation.
Als Mann präsentieren Sie sich am besten besonders männlich: Bärtig und möglichst tätowiert oder gepierced; dann mögen Sie die Schüler, die gerne Gangster-Rap hören,
weil Sie ihren Idolen ähnlich sehen.

Wenn Sie Examen gemacht haben:
Freuen Sie sich! Die bewältigten Gipfel überstrahlen die Mühen der Ebenen
Lehnen Sie eine juristische Fortbildung zum Thema Schulrecht ab.

FÜR ENTSCHEIDER IN DER BEZIRKSREGIERUNG
Ändern Sie die Rahmenbedingungen für Unterricht und dessen Inhalte
so oft wie möglich: So bleiben die Schulleitungen samt Verwaltungen beweglich.
Eine echte Schulgemeinschaft bewährt sich erst im Strudel der Vorgaben!
Lassen Sie auch nicht Schlüssiges zu: Wo Menschen wirken, werden auch Fehler gemacht. Das ist ein geradezu exemplarisches, pädagogisches Handeln!

MEHR  DEMOKRATIE  WÄGEN! 

Am Anfang der achtziger Jahre auch mit Kunstdidaktik
im lockeren Kontakt, kann ich mich gut erinnern,
welche große Bedeutung der damalige Dozent der Mit-
sprachemöglichkeit des Publikums in Kulturfragen beimaß. Damals waren die einzigen Optionen, sich als Laie an Meinungsbildungen im weiten Feld der kulturellen Erscheinungen zu beteiligen, Leserbriefe.
Meistens von emeritierten Studienräten in oft grantelndem Ton verfasst und von den Redaktionen
nach unkalkulierbaren Kriterien veröffentlicht. Häufig
schien die schnöde zu füllende Zeitungsseitenfläche
nach Tagesbedarf über "rein" oder "nicht rein"  zu 
entscheiden.
Der promovierte Kunstvermittlungslehrer mag Willy Brandts berühmtes Zitat verinnerlicht haben, als er uns
geradezu beschwor, die bisher marginalisierte  Mitsprachemöglichkeit vor allem der Hörer öffentlichen Rundfunks auszubauen. Sie führe zu mehr Demokratie, mehr Partizipation und damit zu mehr Zufriedenheit in der Gesellschaft. Heute würde man diesem Teilhaben
 wahrscheinlich das Gefühl von größerer Selbstwirksamkeit in prekären Bevölkerungsteilen unterstellen. 
Oder war das einfach ein Tribut
-das sage ich als westfälisch sozialisierter Künstler-
an die rheinische Mentalität, deren verbaler Austausch 
ja selten genug zu etwas konstruktivem jenseits von
guter Atmosphäre führt...

Daß zusätzlich eine grundsätzliche Skepsis gegenüber
auch und gerade akademischen Eliten diese Auffassung
geradezu erschütterungsfrei untermauert hat, darf ich
bestimmt vermuten.




Inzwischen haben viele digitale Mühen die didaktischen Ebenen durchweht: Es ist Allgemeingut, daß jeder zu jedem Thema mitreden darf, alles bewerten darf, alles kritisieren darf. Ohne daß seine eigene Qualifikation zur Debatte stünde. Das Internet und die sogenannten Sozialen Medien verdienen durch die Bereitstellung ihrer Infrastruktur in der Schneise dieser Entwicklung auch noch sehr gut mit.
Die Generation der 68er hat es bei ihrem Marsch durch die Institutionen geschafft, Autoritäten so umfassend und gründlich zu diskreditieren, daß Lehrer heute nicht nur weniger disziplinarische Autorität in den Augen der Schüler und Eltern haben, sondern daß sogar ihre fachliche Autorität von einzelnen Eltern immer wieder in Zweifel gezogen wird.  
Nein, es gilt, niedrigschwellige Angebote zu machen!
In der Kirche meines früheren Brotberufs spielten mehrmals im Jahr Kinder bei verschiedenen Gelegenheiten öffentlich Instrumente. 
Meistens schwach, unsicher oder holprig.
Aber immer mit üppigem Beifall bedacht. Alles ist gut!
Denn jeder Mensch ist ein geliebtes Kind Gottes.
Das kann gut sein. 
Aber deshalb können seine Leistungen trotzdem verschieden sein!  
In der DASA in Dortmund wurde vor einigen 
Monaten eine interaktive Ausstellung eröffnet, für die vom WDR mit dem Hinweis geworben wurde, jeder Besucher könne dort -ohne jede Vorbildung- Musik machen...
Ich empfinde das als Ohrfeige für alle die Musiker, die Jahre und Jahrzehnte ihres Lebens damit verbringen, ihre Fertigkeiten auf dem eigenen Instrument zu verbessern.
Was ich damals eher geahnt als gewusst habe, stellt sich für mich inzwischen als gesicherte Erkenntnis heraus: 
Der größte Teil der öffentlichen Mitsprachemöglichkeit
ist reine Suggestion. Man darf sich äußern, inzwischen täglich im Radio. Aber es bewirkt nichts. Außer, daß sich 
der Anrufer wahrgenommen fühlt. Und eine diffuse Welle schiebt, die vorgibt, "herrschaftsfreien Diskurs" zu ermöglichen.... Wie überall, werden die Entscheidungen hinter Türen getroffen. Verschlossenen.

Wenn also der Umfang der Mitsprachemöglichkeiten schon erhalten bleiben soll, plädiere ich doch dringend
für eine qualifizierte Beschränkung: Angesichts der 
enorm komplexen Probleme unserer Gegenwart
sind Meinungen von jedermann nicht nur öde,
sondern -weil selten differenziert genug-
auch nicht nützlich.



 FIRST OF ALL: NO SPORTS

Mein Lieblingszitat von Winston Churchill
nach dem mit den Körperflüssigkeiten.
Ich gebe gerne zu: Ich bin vom Schulsport nachhaltig
verdorben worden. Allerdings nur, was etwaige Hochstimmungen, Hormonausschüttungen oder
sonstige kinetische Euphorien angeht...

Schulsport war in unserer Jahrgangsstufe fast aussschließlich Fussball; Ausdauerlaufen zur Vorbereitung, Passübungen, Mannschaftsspiel.
Das Spiel in reinen Jungengruppen war das
frustrierendste: Von der Entwicklung in der Mittelstufe weder von Größe, noch von Kraft, Wampe oder Bart
verwöhnt, war ich natürlich beim Wählen der Sportmannschaften nicht besonders gefragt.
Und hatte doch, zumindest am Anfang der Untertertia,
-aus einem diffusen Pflichtgedanken heraus-
mich als Verteidiger dem stürmenden, frühreifen und dicken Gastwirtssohn unserer Klasse in den Weg gestellt,
um seinem Ball den Weg in unser Tor zu erschweren.
Aber nicht oft. Denn dieser Junge walzte im Zweifelsfall alle schienbeinigen Hindernisse platt. Jahrelang.
Später ließ ich ihn, süffisant lächelnd, unbehelligt vorbeistürmen. Was mein Schulsportimage nicht
verbesserte...
Heute, selbst im gymnasialen Schuldienst bestallt,
erlebe ich wiederum in der Mittelstufe enorm viele
Schüler  (und auch Schülerinnen!), die davon träumen,
Berufsfussballer zu werden. Meistens müssen Jahresverdienst, Autos oder Häuser der "Stars" zur
Begründung herhalten. Die Kinder berichten manchmal von mehreren Abenden Training in der Woche.
Getragen von einer jahrelang gewachsenen Welle an
Fussballbegeisterung, sehen sie sich als Fänger des 
Zukunftspandas, der viele, viele Emojis verspricht...
Ich habe das nie verstanden; meine und unsere Helden dieser Pubertätsjahre waren (sogar für Fussballfreunde)
Carlos Santana, Neil Young oder Neil Diamond,
auch Carly Simon. 
Musiker. Künstler. Idole, die den Klang des Lebens 
verdichteten und verschönerten, noch dazu tanzbar.
An die Gefühle und Stimmungen, die diese Größen uns bescherten kam kein Tor von Günter Netzer heran.


Um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen:
Ich finde Schulsport wichtig. 
Für Kinder und Jugendliche.
Sich auf seinen Körper mit seinen vielen Möglichkeiten
zur Bewegung verlassen zu können, weil Übung die Erfahrung gebracht hat, ist für jeden Schüler ein Glück und eine Bereicherung. Und, nachgewiesenermaßen, 
auch eine Stimulanz des Gehirns.

Womit ich auch schon durch bin mit der Konzilianz.
Denn immer wieder, wenn ich gefeierte Fussballer oder
andere Spitzensportler in den Medien mit Äußerungen 
 zu irgendeinem Thema höre, denke ich:
Warum werden die gefragt? Was können die?
Die treten stundenlang vor einen Lederball oder anderer 
Spieler Schienbeine, gleiten durch aufgeschütteten Schnee
und schießen auf Scheiben. Oder laufen sehr schnell, oder...
Sind diese medial exponierten Menschen durch ihren Sport so qualifiziert, daß sie etwas substanzielles darüber
hinaus sagen könnten?
Brauchen wir die Werbung eines Basketballers?
Wo hülfe (oh je, was für ein RetroWort!) denn die
Rennkompetenz, das Hochsprungvermögen, das
Schwimmtalent? In unserer Zeit?
Mit all ihren globalen Problemen, Kriegen, gesell-
schaftlichen Verwerfungen, Systemwettkämpfen,
Glaubensrichtungen, Kunst- und Musikstilen....

In der Steinzeit mochte es einen persönlichen und gesellschaftlichen Vorteil bedeutet haben, schnell laufen oder weit werfen zu können. 

Aber diese Zeit ist vorbei.

Oder nicht?
Für alle?

             IM  DIGI  TAL

1984 war von unserer Oberstufenteenagergegenwart genau so weit entfernt wie 1948. Nachhaltig begeisterten uns allemal eher Gudrun's bauchfreies Indien-Top und Britta's Overknees nebst Minirock. Allenfalls mäßig politisch interessiert genossen wir etwa 1976 mit Harpo's
MOVIESTAR höchstens mildes Mattieren des Glanzes
gesellschaftlicher Versprechen. Und der KALTE KRIEG?
Für uns eine Art Wetterleuchten am politischen Horizont, ohne praktische Relevanz...
In diese fröhlich-naive Cliquenwirtschaft führte unser
damals junger Englischlehrer als Lektüre "1984" von
George Orwell ein. Das bewirkte zwar keine andere
Discofrequenz, keine anderen, tanzbaren Hits und
keine Änderungen im "Rating" der gefragtesten Mädchen. Aber bei mir eine ungekannte Verunsicherung:
Ja, solche Umstände wären auch denkbar, so könnte eine Gesellschaft auch aussehen. Samt aller Einzelbilder
dieser Dystopie...

Etwa fünfzehn Jahre später gewann ein Phänomen an Bedeutung, das mich damals sehr verwundert hat:
Viele jüngere Leute kauften sich einen PC, inklusive Nadeldrucker. Warum taten die das? Die damit geschriebenen Texte oder Briefe sahen deutlich schlechter aus als die Ergebnisse einer OLYMPIA oder TORPEDO.
Nach einigem Beobachten kam ich zu dem Schluß:
Nicht wegen der Ergebnisse. Und auch nicht wegen der Handhabung. Sondern wegen des kollateralen Nimbus,
der seinen Verwendern zuteil wurde. Basal gebildete, reflexionsfreie Handwerker ebenso wie Studenten der Philosophischen Fakultät konnten sich plötzlich im Freundes- und Kollegenkreis als Angehörige einer
wissenschaftlich-technischen Elite gerieren.
Ohne daß ihre Fortschrittseuphorie eine Bremsung hätte
erfahren können; Fortschritt, das wußte man seit den 
sozialdemokratischen Regierungen, ist modern und damit sakrosant. Nur notorische Zweifler und altersstarrsinnige Konservative konnten dagegen etwas haben. In dieser Morgendämmerung der Digitalisierung
bekam die Technik das, was ihr seit zweitausend Jahren fehlte:
Ihre quasireligiöse Dimension. Diese Technik konnte
das Heil bringen. Viel viel schlüssiger als der Buchdruck, die Dampfmaschine oder die Elektrizität. Und viel sauberer, sanfter, vielfältiger und umfassender als die
schweren Maschinen mit ihren Gleitlagern und Abschmiernippeln voller altem Fett, das die Finger
schwärzt. Jetzt konnten Texte, Töne und Bilder 
bearbeiet werden ohne Werkhalle, ohne Büro,
aber sauber, leise und geruchsfrei. Der Schweiß mit dem 
Adam sein Brot zu erwerben hätte, gehörte in einen
alten, sehr alten Äon... 

Jahrtausende lang war menschliches Leben bestimmt von
Verhältnissen. Körper-, Raum-, Wetter-, Zeit- oder Geist-verhältnissen. Immer standen die Physiologie, die Geographie, die Zeitrechnung und die spirituelle Sphäre
im Verhältnis zur unstrittigen, körperlichen und geistigen Existenz des Menschen: Ein Zoll war etwa eine Daumenbreite, eine Elle eine Unterarmlänge, die Türhöhe
bis heute nicht für Vierbeiner gemacht. Seit der Mensch begann, sich die Erde untertan zu machen, nahm er 
Maß bei sich. Und schuf Höhlenbilder, Marmorgötter
(auch wenn die vorsätzlich manchmal vergrößert wurden), Triptychen und Gaudi-Häuser.-
Im Brotberuf vor Jahren eine Kirche aufräumend
habe ich den diensthabenden Pfarrer einmal gefragt,
wie er die Tatsache bewerte, daß die Digitalisierung
zunächst eine Auflösung des Gegenstandes in Pixel erfordere, bevor diese dann nach jeweiliger Maßgabe
wieder zusammenzusetzen wären; ich sähe darin eine
unzulässige Respektlosigkeit den Dingen gegenüber.
Ich habe keine Antwort bekommen.
Gustav Klimt's DER KUSS könnte ich mir aber für die Schlafzimmertür umrechnen lassen.
Statt dessen muss ich registrieren, daß die Digitalisierung schon längst die dritte Dimension erreicht hat: Drucker 
können, heißt es, inzwischen alles drucken.
Neulich wurde sogar reichlich schwärmerisch in WDR5 die Radierpresse aus dem Drucker, die ein Student programmiert hat, besprochen; die Nachfrage sei gigantisch. Ich würde mich freuen, wenn die 
Walzenlager nach hundert Drucken auch so detailliert besprochen würden...
Schließlich auch noch: Die KOMMUNIKATION.
Ja, auch ich freue mich über die Möglichkeiten der Emails. Und etwas klarere Telefonstimmen.
Aber das ist ja nichtmal "Oldschool", das ist Stonehenge.
Heute wird kommuniziert in Text und Bild und Ton und Bewegung, mit Filter oder ohne... Immer mit dem neuesten Handy (damit die seltenen Erden auch selten bleiben!). Alle menschenmöglichen Aktionen sind als 
Tonfilmchen schon oft auch Zehnjährigen verfügbar.
(Wer therapiert eigentlich die Spätfolgen dieser 
juvenilen Nutzung?) 
Der allergrößte Teil meiner Schüler fühlt sich supergut mit seinem Handy; den Alten überlegen, surfend auf 
der Woge des Zeitgeistes (aber bitte mit Airbag!), von den sonnigen Hügeln des Machbaren die Welt betrachtend.

Manchmal das Tal darunter bemerkend, das dunkle.
Mit den Sendemasten, die Bewegungsbilder erzeugen können. Und den Kameras zur Gesichtserkennung.
Den Speichern meiner Vorlieben und Gesundheitsdaten.

Ist das zu beängstigend? Wird Trost vielleicht verlangt von jemandem mit großem Herzen? 
Im Tal sitzt einer, der es hat:
                         DER GROSSE BRUDER

  ANTWORT  ÜBERFLÜSSIG?

Unter den Attributen, mit denen ich als Schüler in Verbindung gebracht wurde, war außer einem Trompetenkoffer auch schon relativ früh die Arroganz.
Bevor ich herausfinden konnte (mit kleinem Latinum!),
was es mit dem Wort auf sich habe, konnte ich es als eher
diffuse Kritik von Erwachsenen an wahrscheinlich 
pubertär-unwirschen Antworten oder unpassenden Blicken vermuten. Dann kam die Klärung durch
"rogare-reden, beten, bitten" und deren Negation durch "a". Atmosphärisch mitvermittelt wurde aber von den 
Älteren immer die moralische Verwerflichkeit einer solchen Haltung, weil sie tendenziell asozial sei....
Weshalb ich mich fortan bemühte, keinesfalls irgendwie arrogant zu erscheinen: Ich redete und diskutierte noch
mehr als ohnehin schon (in Westalen in den Siebziger Jahren nicht die allerbeste Empfehlung) und vor allem
mit Freunden und mit Bekannten und sogar den Mitgliedern der Jungen Union.
Im Malereistudium an der Kunstakademie in Düsseldorf in den Achtziger Jahren war das Thema eigentlich keins mehr: Als angehenden Künstlern wurde uns von den
meisten Menschen ohnehin Arroganz unterstellt, wir hatten uns damit abgefunden. Trotzdem versuchte ich
weiterhin, in diesem Sinne kein "typischer Künstler" zu sein. Bis uns eines Tages unser Professor, der auch um unsere Kontakte zur "Welt da draußen" bemüht war,
mit einem untersetzten, schnauzbärtigen Rheinländer
mittleren Alters bekanntmachte. Als dieser in unseren 
Arbeitsraum trat, schwieg er nicht und schaute kaum,
um gleich so jovial wie laut zu fragen: "Junger Mann!
Was haben Sie sich denn dabei gedacht?!" Und ich 
antwortete höflich irgendetwas, was ich nicht mehr weiß.
Professor Schwegler entschuldigte sich anschließend für den groben Auftritt seine Gastes. Und ich hätte bei dieser Frage gerne arrogant geschwiegen....
Die Digitalisierung, die die Diskurse unserer Gesellschaft
ja schon einige Zeit mit den Wunderkerzen ihrer Geräte
erhellt, hat meiner Meinung nach auch eine wirklich nützliche, kommunikative Neuerung hervorgebracht:
Die Email.
Seit es sie gibt, kann man sehr schnell, sehr billig und
-wenn man sich etwas bemüht- auch sehr angenehm schreiben, und Bilder oder Musikstücke gleich mitversenden.
Mir kam die Email bei aller um sich greifenden Nachlässigkeit doch immer irgendwie elegant vor;
nicht ganz wie ein Brief in schwungvoller Schrift,
aber in dessen Kielspur. Ich nutze sie häufig.

Seit einiger Zeit aber ist mir im privaten Emailverkehr
etwas aufgefallen, was mich schon lange irritiert,
manchmal ärgert, aber letztlich ratlos zurückläßt:
Daß etliche Bekannte, Verwandte und auch viele Freunde
garnicht mehr auf Emails antworten, oder erst nach Tagen, Wochen, manchmal Monaten.
Ich frage mich, woran das liegt: Eine Zeiterscheinung,
die ich noch nicht verstanden habe? Also deshalb "ganz normal"? Ein falscher Ton, ein falsches Wort? Private oder berufliche Überlastung? Vergesslichkeit oder Lässigkeit?
Oder ist das Schweigen sogar als höflich zu deuten angesichts grottigen Inhalts?
Selbst Emails mit YouTube-Links zu elaboriertesten eigenen Liedern bewirken nach wenigen Sendungen offenbar nur Überdruss...
Und so schleicht sie sich denn ein, die Annahme,
es sei vielleicht gar keiner der genannten Gründe.
Sondern ARROGANZ.

MEHR  LÄCHELN!

Daß mit der Schule der Ernst des Lebens beginne, 
hatte man uns gesagt.
Ohne daß die Erwachsenen in Einzelheiten hätten gehen müssen,
merkten wir bald, daß der Rhythmus aus Unterricht, 
Hausaufgaben und Klassenarbeiten keiner war, 
der uns fröhlich hätte tanzen lassen.
Auch wenn ich nach Kräften versucht habe, 
manch trister Stunde
mit mehr oder weniger gefragter Wortmeldung 
einen Lacher abzuringen:
Der Ernst, der unübersehbar hinter viermal „mangelhaft“ kauerte,
war nicht zu ignorieren und führte zu einem weiteren Jahr Untertertia.
Gut dreißig Jahre später finde ich mich selbst im Schuldienst wieder;
ein Zahnrad nur im Automatiktriebe des Schulalltags.
Vielleicht sogar nur Öl. Jedenfalls von mannigfaltigen Ansprüchen,
Erwartungen und Vorgaben bedrängt.
(Da sind schwierige Schüler oder Klassen 
oder Eltern noch nicht eingeschlossen)
Was die Stimmung, so sie denn physiognomisch überhaupt erkennbar ist, durchaus herunterziehen kann. 
(Vektorgraphik Mundwinkel!)
Andererseits erstrahlen auch die meisten Schüler nicht vor Glück, 
zu uns zu kommen. Eine Art Schicksalsgemeinschaft also beim verhangenen Diskurs.
Die aber die Sicht auf die Welt 
(UND IHRE SCHÖNHEITEN, sagt der Kunstlehrer) 
schon trüben kann. 
Von beiden Seiten aus.
Weshalb ich vor einigen Jahren in einer Lehrerkonferenz vorschlug,
wir alle möchten doch mehr lächeln…
Wiederum einige Jahre später, nach unzähligen, wie ich finde, unsinnigen
Verordnungen, Bestimmungen und Mehrheitsentscheidungen, eingerahmt von teilweise bizarren Performances einzelner Klassen 
fällt mir meine alte Empfehlung 
geradezu auf die Füße, gefühlt zumindest.
Ist dies das Setting, das uns glücklich macht, oder mindestens zufrieden?
In dessen Klassen und -zimmern wir etwas zu lächeln hätten?
Schwer vorstellbar.
Und doch scheint sich für mich ein Lächeln anzubieten:
Keines, das analog zur Hauptstimmung 
die Mundwinkel nach oben zieht.
Aber ein Anderes, Komplementäres,
ein Wunschkind von Melancholie und Humor;
auf dessen Nabelbinde steht, zurecht

MEHR LÄCHELN!




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